Rezension

Schön und bewegend

All die verdammt perfekten Tage
von Jennifer Niven

Bewertet mit 3.5 Sternen

Ein Buch das überrascht - ein Buch wo man anfangs nicht unbedingt mit der Tiefe rechnet, in das es einen im Laufe der Seiten reinzieht.

Am Ende des Buches standen die Meinungen einiger Zeitungen etc und eins lautete (grob zitiert), es sei das neue "Das Schicksal ist ein mieser Verräter". Mit dieser Aussage muss ich meine Rezension anfangen, denn in der Hinsicht muss ich es loswerden: Nein. 
Mich hat es absolut nicht an TFIOS erinnert und das ist positiv! 
Eher vergleichen würde ich es mit "Margos Spuren" - ebenfalls von John Green und ich finde damit kann sich dieses Werk nicht nur gut messen, sondern übertrifft es dann sogar!
Das Buch ist kapitelweise abwechselnd aus der Sicht Violets und einmal aus der Sicht von Finch. So kann man beide kennenlernen und zu beiden eine Beziehung aufbauen.
Bei "Margos Spuren" habe ich damals Margo null verstanden, sie war nicht greifbar, obwohl sich alles irgendwie um sie drehte.
Hier ist es anders. Hier ist Finch der "Margo", sage ich mal, aber wir lernen ihn kennen. Wir lernen, was alles dazu beigetragen hat, das er das wurde, was er letztendlich ist, er hinterlässt uns nachdenklich.
Finch ist eine liebenswerte Person, die man wirklich - ja immer mehr mag, je weiter das Buch voranschreitet. Man kann nicht anders als ihn zu mögen. 
Violet: Ich glaube, hätte ich die Geschichte nie aus ihrer Sicht gelesen, hätte ich sie nicht verstanden. Sie wäre eine Person gewesen, die nie wirklich da wäre für mich. Es wäre so verlaufen: "Ah, ok sie mag Finch. Und jetzt?"
Durch den Sichtwechsel konnte ich aber auch sie kennenlernen.
Violet hat ihre Schwester durch den Tod verloren. Es fällt ihr wahnsinnig schwer wieder ins Leben zurückzufinden. Hier finde ich den Mix toll: Sie hat ihre Schwester nicht als perfekten Engel in Gedanken behalten und weint dem hinterher. Sie ist sich der Schwächen von ihr bewusst, und doch vermisst sie sie.
Ich habe selbst eine ältere Schwester, daher berühren mich solche Themen immer am meisten. Jedes Mal frage ich mich: Wie ginge es mir, wenn ich meine Schwester verlieren würde?
Ich glaube, ich wäre wie Violet. Ich kann ihre Empfindungen nachvollziehen: Das Leben wie es jetzt ist, ergibt für sie keinen Sinn, denn was soll sie damit, ohne ihre Schwester?
Und dann lernt sie Finch kennen. Finch, der selber nicht viel vom Leben hält, ihr aber hilft wieder das schöne darin zu finden. Finch ist paradox und gerade anfangs kaum nachzuvollziehen.
Dank Finch lernt Violet, dass sich das Leben lohnt. 
Doch im Klappentext steht schon, dass Finch währenddessen immer mehr "schwindet". 
Darauf KANN ich nicht näher eingehen, das geht nicht. Es ist nur unheimlich traurig, vor allem wenn man dann am Ende das Nachwort liest.
Lest das Nachwort unbedingt, denn eure Sicht auf die Geschichte wird dadurch komplett wandeln. Zumindest war das bei mir so.
Warum hat es Ähnlichkeiten mit John Green? Durch die Art wie Jennifer schreibt. Es ist zum Nachdenken anregend und sie verwendet viele bedeutsame Zitate.
So versucht sie ein sprachliches Bild zu schaffen.
In diesem Fall, ist aber meine Kritik, dass das etwas aufgesetzt war. Immer wieder wurden Zitate genommen, die zwar passten, aber manches Mal störte es mich. Denn es waren nie ihre Gedanken, die Gedanken der Charas, sondern: Folgender Berühmter hat das und das gesagt und das passt super zu den Gefühlen ihrer Figuren. 
Grundsätzlich nicht schlimm: Auch im wahren Leben, hat jeder etwas, ein Zitat, eine Geschichte, der er sich so verbunden fühlt, weil es die eigenen Gedanken sein könnten. 
Hier war es mir nur manchmal ein bisschen over the top.

Man muss klar sagen: Das Buch hat Macken und ja ich kann mir ganz gut vorstellen, dass manchen der Kick fehlen würde, da gerade der Anfang doch eher "schleppend" war. Für mich war es aber eine schöne Geschichte, gut durchdacht, verbunden mit gut gestalteten Protagonisten. Sowohl Finch als auch Violet passten und am Ende der Geschichte kann ich nun nur sagen: Ich vermisse sie beide. 
Deswegen erhält das Buch von mir 3,5 von 5 Sternen.