Rezension

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Schöne Geschichte, die jedoch nicht ganz überzeugt

Worte für die Ewigkeit
von Lucy Inglis

Bewertet mit 3 Sternen

INHALT
Die schüchterne Hope verbringt den Sommer gemeinsam mit ihrer Mutter auf einer Ranch in Montana. Das Leben dort ist völlig anders als in ihrer Heimat London. Doch die neue Umgebung hat etwas Gutes, denn sie trifft auf Cal, der ihr gewaltig den Kopf verdreht. Schnell wird Hope klar, dass das Leben auf einer Ranch alles andere als langweilig ist.

Rund 150 Jahre zuvor musste auch Emily London verlassen. Auf dem Weg in Richtung Westküste verunglückt ihre Kutsche in Montana - mitten im Nirgendwo. Der Kriegsveteran und Einsiedler Nate rettet sie, obwohl Emily erst später klar wird, dass Nate viel mehr getan hat als das. Er zeigte ihr was Leben und Freiheit bedeuten.

Vier Menschen, zwei Zeitabschnitte, eine Geschichte. Die Liebe von Emily und Nate, sowie Hope und Cal, sind auf schicksalhafte Weise miteinander verbunden.

MEINUNG
Als Werbeaktion zum neuen Werk von Lucy Inglis versendete der Carlsen Verlag mysteriöse Pakete mit einem durchaus ungewöhnlichen Inhalt. Um auf eine emotionale Achterbahnfahrtvorzubereiten, enthielt das Päckchen nämlich eine Box mit Taschentüchern. Somit stand für mich gleich fest, dass das Buch im Bett gelesen wird. Den Fehler, im Zug unnötig durch Tränen und Geschluchze Aufmerksamkeit auf mich zu ziehen, würde ich nicht schon wieder begehen. Im Nachhinein stellte sich heraus, dass ich das Buch ruhig hätte im Zug lesen können, denn der großeGefühlssturm blieb leider aus. Die ein, zwei vergossenen Tränen waren schnell weggewischt und somit kein Grund zur Besorgnis.

Die Geschichte hat mir wirklich gut gefallen. Zwar konnte ich mich mit dem Schreibstil nicht wirklich anfreunden. Wir haben hier zwei unterschiedliche Perspektiven. Das Buch steigt in der Gegenwart ein und Hopes Geschichte wird durchweg von einem auktorialen Erzähler geschildert. Im Wechsel erzählt Emily in einer Art Tagebuch oder Brief ihre Geschichte, hierbei wird eine bestimmte Person direkt angesprochen. Gerade zu Beginn hatte ich schon schlimme Befürchtungen, da es mir sehr schwer gefallen ist mit den Charakteren warm zu werden - woran oftmals der einfache Schreibstil Schuld ist. Die beiden Zeitabschnitte waren hingegen wirklich schön miteinander verwoben. 

"Aus deiner Hand lecken? Der Gedanke war nicht nur schockierend, sondern inakzeptabel." ~ S. 98

Die Geschichte an sich ist fesselnd. Für mich haben besonders Emilys Erlebnisse im 19. Jahrhundert das Buch gerettet. Die historischen Fakten wurden wunderbar recherchiert und auch die Charaktere waren alle grandios beschrieben. Als Knackpunkt sehe ich hier die Bösewichte, da diese für mich doch zu übertrieben waren und aus einem schlechten Western direkt ins Buch gefallen sein könnten. Hier fehlte es schlichtweg an Raffinesse. Weiterhin könnte man argumentieren, dass Nate Emily gefangen hält und sie lediglich amStockholm Syndrom leidet. Aber wir sind hier im 19. Jahrhundert, Nate hat Emily im Nirgendwo aus einem Fluss gerettet und sie dort erst aufpäppeln müssen, da sie stark unterkühlt war. Von ihm zu verlangen 200 km im Winter durch die Prärie zur nächsten Stadt zu Reiten ist vielleicht ein wenig viel. Mir hat die Liebesgeschichte der beiden einfach das Herz erwärmt. Meine liebsten Stellen waren jedoch die mit Nates Indianergeschwistern.

"Sie schlug das Tagebuch auf und fing an zu lesen." ~ S. 189

Ganz anders die Gegenwart. Hier fiel es mir deutlich schwererPlausibiltät in der Geschichte zu finden und mit den Charakteren warm zu werden. Immer wenn es besser wurde, kam Hopes Mutter Meredith um die Ecke und macht alles zunichte. Mich hat schon ewig kein Charakter so sehr genervt. Sie soll zwar die nervige Mutter darstellen, aber mir ging sie einfach auf den Keks, weil sie soschlecht und überzogen charakterisiert wurde. Dennoch konnte sie mir die Gegenwart nicht gänzlich vermiesen.

"Es dauerte eine gute Stunde, bis die Wölfe verstummten." ~ S. 181

Cal und Hope mochte ich als alleinstehende Charaktere sehr gerne. Beide haben auch eine tolle Charakterentwicklung durchgemacht. Ihre Liebe war zwar auch irgendwie süß. Dennoch hatte ich so meine Probleme. Ein großer Knackpunkt war - SPOILER - die Sexszene. Hier haben zwei Teenager ungeschützten Geschlechtsverkehr, was ich in einem Jugendbuch doch eher bedenklich finde. Gerade bei Charakteren, die sich erst vor einer Woche kennen gelernt haben. Aber hey, das ist ja kein Problem, denn wir haben Cals Ehrenwort, dass nichts passiert.Ernsthaft jetzt? Damit ist die Sache abgeschlossen?

 "Wir sind ein hohes Risiko eingegangen. Aber es wird alles gut, Ehrenwort." ~ S. 322

FAZIT
Trotz Kritikpunkte eine reizvolle Geschichte mit teilweise liebenswerten Charakteren. Die zwei Zeitabschnitte sind wunderbar miteinander verwoben und tragen zu einem schönen Lesevergnügen bei. Eine Geschichte über die Suche nach Selbstständigkeit und Freiheit. Ich kann das Buch mit Einschränkungen empfehlen. 

Das Bücherchamäleon