Rezension

Schöne Liebesgeschichte mit einem Hauch Fantasy

Mariposa - Bis der Sommer kommt
von Nicole C. Vosseler

Bewertet mit 4.5 Sternen

Was ist dir deine Freiheit wert?

Jake ist das "typische" Problemkind. Er kommt aus schwierigen Verhältnissen, hat die Schule geschmissen und ist kriminell. Und wie das halt so ist, werden die meisten Kriminellen früher oder später erwischt, so auch Jake. Doch weil er erst 17 ist, soll er noch eine Chance bekommen. Statt ins Gefängnis zu gehen soll er sechs Monate lang einen Community Service ("Dienst für die Gemeinschaft") in Mariposa ableisten. Mariposa ist ein kleiner Ort, mitten im Nichts, am Rande des Yosemite National Parks in Kalifornien. Jake, der aus Los Angeles kommt, ist alles andere als begeistert, jetzt in der totalen Pampa gelandet zu sein. Doch dann begegnet er diesem Mädchen, mit den feuerroten Haaren, die so seltsam, so anders und besonders ist. Dieses Mädchen, Nessa lebt mit ihrer Familie zurückgezogen im Wald – im Ort gelten sie als "Geheimnis Mariposas" und irgendwie scheinen sie nicht so ganz in diese Welt zu passen. Mit der Zeit kommen sich Jake und Nessa näher und Jake erfährt, dass Nessas Familie ein Geheimnis hütet. Doch dieses darf niemals nach außen dringen. Und darum versucht Nessas Familie mit allen Mitteln Jake und Nessa zu trennen...

Das Cover des Buches ist ein bisschen auf alt gemacht, ein Foto, wie aus einem längst vergangenem Sommer. Darauf zu sehen Nessa, die ihr Gesicht mit geschlossenen Augen der Sonne entgegenstreckt. Es scheint, als habe jemand einen dicken Pinsel genommen und auf das Foto "Mariposa" geschrieben und dazu noch ein paar Schmetterlinge gemalt, denn Mariposa ist das spanische Wort für "Schmetterling".

Schmetterlinge spielen in dem Buch eine wichtige Rolle, nicht nur symbolisch für Verwandlung und Neubeginn, sondern auch als Wesen – und vielleicht unterschätzt man diese kleinen Wesen oft, nimmt sie gar nicht richtig wahr.

Wie oft habe ich diese Grundgeschichte schon gelesen? - Mädchen und Junge lernen sich kennen, verlieben sich, können aber nicht zusammen sein, da die äußeren Umstände (ihre Familien, die gesellschaftlichen Normen, Traditionen...) sie trennen. - Schon in Shakespeares "Romeo und Julia" tritt dieser Grundkonflikt auf und seitdem ist er die Grundlage unzähliger Geschichten geworden – mal gut umgesetzt und kreativ, oft aber auch nicht.  (Mariposa gehört meiner Meinung nach ersteren an.)

Was dieses Buch besonders macht, ist nicht unbedingt die Story. Vielmehr sind es die starken Charaktere, die aus dem Buch etwas Besonderes machen. Charaktere, die realistisch sind, die ihre Überzeugung haben und sich von dieser auch nicht so leicht abbringen lassen. Dennoch verändern sie sich auch und müssen feststellen, dass ihr eigenes Weltbild vielleicht doch nicht so ganz wahr ist. Sie träumen, haben Hoffnungen, wurden enttäuscht und können manchmal nicht über ihren eigenen Schatten springen. Man merkt hier richtig, dass Nicole C. Vosseler keine Geschichte erfunden hat und da halt dann noch Personen wie Marionetten hinzugefügt hat und fertigt ist das Buch, sondern sie hat Figuren geschaffen, zwischen denen etwas geschieht, das erzählt werden sollte. Das klingt jetzt vielleicht nicht wie ein großer Unterschied, aber es macht wirklich einen sehr sehr großen Unterschied aus. Bücher mit so glaubwürdigen und vielschichtigen Figuren wie hier liest man wirklich nicht oft.

Die Geschichte ist eine schöne Liebesgeschichte mit einem Hauch Fantasy und darüber, wie man seinen eigenen Weg findet und den Zwängen des eigenen Umfeldes entflieht, oder eben auch nicht. Eine Geschichte über die großen und kleinen Probleme auf dem Weg zur persönlichen Freiheit, die wichtige Fragen stellt und ein wenig nachdenklich macht. Und eine über die leuchtenden Farben von Schmetterlingen, aber auch über ihre Schwärze. Besonders jedoch eine, deren Ende eigentlich schon ein neuer Anfang ist, aber trotzdem einen leicht herben Nachgeschmack hinterlässt.

Ein schönes Buch für LeserInnen ab 12, an dem auch deutlich Ältere ihre Freude haben werden.