Rezension

Schöne Satire über Stalin

Guten Morgen, Genosse Elefant - Christopher Wilson

Guten Morgen, Genosse Elefant
von Christopher Wilson

Bewertet mit 5 Sternen

Dieses ist einmal mehr eines der mir immer wieder unterkommenden Bücher, bei denen meine Skepsis, ob es mir überhaupt gefallen wird, anfänglich recht groß ist, meine Lesebegeisterung aber schon nach wenigen Seiten wächst. Mein Fazit ist daher, dass es sich wirklich lohnt, sich auf dieses humorvolle, am besten dem Genre der Satire zuzuordnende Buch einzulassen.

Protagonist und zugleich Ich-Erzähler ist der zwölfjährige Juri aus Moskau um die Zeit vor dem Tode des berüchtigten Gewaltherrschers Josef Stalin. Nach einem schweren Unfall gilt er als debil, dem sich aber aufgrund seines immer freundlichen Gesichts die Leute gerne anvertrauen. Stalin lässt nach einem Schlaganfall Juris Vater, einen bekannten Veterinärmediziner, zur Behandlung in seine Datscha kommen, weil er hinter allen Humanmedizinern Verschwörer wittert. Juri darf ihn begleiten und wird wegen seines Wesens von Stalin zum persönlichen Vorkoster ernannt, der ihm zugleich zutragen soll, was die übrigen Politfunktionäre über Stalin reden. Diese wiederum spannen Juri auch für ihre Zwecke ein im Machtpoker um Stalins Nachfolge. So gerät Juri für einige Zeit in die Mühlen der Macht und erzählt von seinen persönlichen Erlebnissen bei Stalin.

Einzigartig ist der Schreib- bzw. Erzählstil. Da Juri ohnehin dazu neigt, ohne Punkt und Komma zu reden, wirkt Vieles wie ein großer Redeschwall. Ihm lässt sich dennoch leicht folgen, weil ja alles aus der einfachen Sicht eines Kindes dargestellt ist. Auch wer sich nicht so detailliert mit der russischen Geschichte auskennt, wird so manche wahre Information aus der Zeit der Herrschaft Stalins wiederfinden, die hier verarbeitet wird, z.B. das grundlose Verbringen unzähliger nicht konformer Bürger in die berüchtigten Arbeitslager. Wie typisch für eine Satire ist, wird Vieles leicht übertrieben dargestellt und durch den Kakao gezogen, etwa Stalins Neigung zum Fluchen oder sein Leben in Saus und Braus, während das Volk leidet. Was das Ende anbelangt, hätte ich mir gewünscht zu erfahren, ob Juris Vater am Leben geblieben ist oder auch zum Opfer Stalins wurde.