Rezension

Schöner Einblick, stellenweise leider langatmig

Die Toten Hosen
von Philipp Oehmke

Bewertet mit 3 Sternen

Eigentlich gehöre ich zu den Menschen, die zwar alle Lieder ihrer Lieblingsbands mitsingen können, aber nicht einmal den Namen des Sängers kennen. Aber nachdem ich bei der Jubiläumstour 2013 bei einem der beiden ausverkauften Konzerte in der Düsseldorfer Esprit-Arena war, hat mich diese Biographie echt gereizt. Ich, leider mit dem Nachteil der späten Geburt, hatte bisher nur einzelne Fakten über die Hosen gehört. Auch die Reportage, die vor einigen Jahren vom WDR produziert wurde, hat mich eher neugierig gemacht, als meine Neugier befriedigt. Also habe ich mir das Buch zum Geburtstag gewünscht.

In erster Linie ist es thematisch aufgeteilt. Immer wieder kehrt der Autor in die Gegenwart zurück und berichtet direkt von seinen Recherchen. Dann geht es wieder um die Jugend von Kuddel, Breiti, Campino und Andi. Das fand ich stellenweise richtig spannend. Das erklärt auch die damalige Subversivität von Liedern, die ich nur als platte Sauflieder kenne. Auch alte Weggefährten der Band werden vorgestellt. Es wird klar, warum die Band im Prinzip seit 30 Jahren dieselbe Crew hat. Und auch, wie es hat funktionieren können. Manche haben sie verloren, aber nur, weil sie gestorben sind. Wer die Hosen zum Freund hat, wird klar, hat sie für immer. Es werden härteste Zeiten beschrieben. Zeiten, die die Band quasi nur im Drogen- und Alkoholrausch wahrnahm. Aber der Zusammenhalt blieb.

Nach meiner Meinung entfernte sich der Autor jedoch zeitweise etwas weit von der Band. Er beschreibt zwischendurch Lebensgeschichten von Menschen, die der Band einmal begegnet sind in aller Ausführlichkeit. Zum Beispiel schreibt er von den Besitzerinnen des Ratinger Hofs und dem künstlerischen Konzept, das sie für ihn hatten. Alte Punks, die in der Szene wohl bekannt waren, aber weder viel mit den Hosen zu tun hatten noch mir irgendwas sagen, nehmen einige Seiten ein. Eigentlich finde ich den weiten Blick gut, aber, wie gesagt, Philipp Oehmke ist leicht über das Ziel hinausgeschossen.

Außerdem merkt man, welche Aspekte er besonders interessant findet. Klar muss er eine Auswahl treffen. Erzwungene Objektivität wäre auch nicht der richtige Weg gewesen, aber die politische Seite der Hosen wird sehr beschränkt beschrieben. Europa, meiner Meinung nach einer der politischsten Lieder, wird nicht erwähnt. Das Engagement für ProAsyl wird nur kurz erwähnt, wenn es um das Engagement für Oxfam geht, dass irgendwann dazukommt. Es ist traurig, weil ich dieses Thema als eines der Kernanliegen der Hosen empfinde. Das Kapitel über das „1000. Konzert“, bei dem ein Fan ums Leben kam, ist hingegen sehr gelungen. Oehmke schreibt durchaus auch, weshalb er bestimmte Aspekte interessant findet und inwiefern ihn seine eigenen Erinnerungen beeinflussen.

Fazit: Das Buch ist lesenswert für alle, die mal hinter die Kulissen der Hosen schauen wollen und die Bandmitglieder besser kennenlernen möchten. Leider ist es manchmal langatmig und einige der Themen, die mich am meisten interessierten, werden sehr beschränkt dargestellt. Aber das Negative hält sich echt in Grenzen.