Rezension

schöner englischer Landhauskrimi

Miss Daisy und der Tote auf dem Eis - Carola Dunn

Miss Daisy und der Tote auf dem Eis
von Carola Dunn

Miss Daisy Dalrymple gehört zur besseren Gesellschaft, hat es aber geschafft ein relativ selbstbestimmtes Leben zu führen. Ihre Tätigkeit als Journalistin für ein Gesellschaftsmagazin gehobenen Niveaus (Ich stelle mir die Zeitung als eine Art „Jagd, Hund und Schloss“ vor) wird halbwegs akzeptiert. Sie müsste ja nicht arbeiten, sondern könnte auch brav als unverheiratete Verwandte bei ihrer Familie leben und überhaupt gab es durch den Ersten Weltkrieg auch eine Zäsur, was die gute Gesellschaft betrifft. Die genaueren Details ihrer Teilhabe an der arbeitenden Bevölkerung behält sie aber schon lieber für sich.

Für eine Reihe über die Landsitze wichtiger Familien besucht sie die Familie seienr Lordschaft Wentwater. Die winterlichen Vergnügungen wie Bridgeabende und Schlittschuhlaufen auf dem Teich werden jäh durch eine Leiche in diesem unterbrochen. Ausgerechnet der unbeliebteste Gast liegt nicht auf dem Eis, wie der Titel fälschlich angibt, sondern ist eingebrochen. Nicht einfach nur ein Unfall, wie sie schnell schlussfolgert und so wird ein diskreter Scotland Yard Mitarbeiter zur Untersuchung abgestellt. Alec Fletcher heißt er, ist sowieso gerade in der Gegend und die sofortige Sympathie zwischen ihm und Daisy, nimmt schnell die gesellschaftlich unakzeptable Form echter Freundschaft an.

Damit platziert die Autorin die Voraussetzungen für eine ganze Reihe von Krimis, die die beiden miteinander lösen werden.

Daisy ist sympathisch, etwas emanzipierter und moderner als der Rest, dabei aber weiterhin in ihrer Schicht und Rolle verhaftet, so dass sie eine glaubwürdige Figur abgibt. Die Autorin schildert die Geschehnisse durch ihre Augen, wodurch die Informationen über den männlichen Protagonisten Fletcher etwas dünn geraten sind, aber da sie sich gerade erste kennenlernen, erwarte ich da einige zusätzliche Details für die weiteren Bände. Die Nebenfiguren sind schon fast zu zahlreich, ich musste mich manchmal orientieren, wer mit wem in welcher Beziehung steht. Sie hätten gerne detaillierter beschrieben werden dürfen, aber durch die Daisy‘sche Perspektive hat man trotzdem nicht das Gefühl, dass sie flach oder eindimensional geraten wären. Die Ermittlungen nehmen einen nachvollziehbaren und logisch sinnvollen Verlauf und auch wenn das Ende eher zu einem Gesellschaftsroman als zu einem echten Krimi passt, wirkt es glaubwürdig.

Da auch in der Übersetzung noch genügend englische Landhausstimmung übriggeblieben ist, hat der Roman meine Erwartungen insgesamt ganz gut erfüllt, nur ein wenig tiefgründiger hätte er sein könne. Aber so kann man ihn immerhin auch nach einem schweren Abendessen mit einem Whisky in der Hand vor dem Kaminfeuer noch ganz genüsslich lesen. Ich werde zwar nicht sofort dem nächsten Band hinterherrennen, aber für einen gemütlichen Krimi zwischendurch werde ich mir die Reihe merken, genügend Bände für viele lange Winterabende hat sie ja.