Rezension

Schönes Buch, merkwürdige Titelwahl…

Die Villa an der Elbchaussee - Lena Johannson

Die Villa an der Elbchaussee
von Lena Johannson

Bewertet mit 4 Sternen

Dieses Buch ist ein schöner historischer Schmöker, der mit den bewährten Zutaten eines historischen Frauenromans punktet. Im Mittelpunkt steht eine junge Frau (Friederike Hannemann, genannt Frieda), gut situiert und ehrgeizig, die im Laufe des Romans ihr Selbstbewusstsein entdeckt und zur (Mit-)Gründerin einer Schokoladenfabrik wird. Die Hannemanns sind angestammte Kaufleute in der Speicherstadt  und der Weg der jungen Leute ist vorgezeichnet. Sohn Hans wird die Firma erben und Tochter Frieda soll möglichst gewinnbringend verheiratet werden. Aber das Schicksal schlägt zu und alles kommt anders…

Mir hat die Darstellung von Frieda recht gut gefallen. Man kann ihren Weg und ihre Entwicklung nachvollziehen, ihre Handlungen sind logisch und ihre Gedanken geben den Zeitgeist junger Menschen in den 1920er Jahren wieder. Der Generationenkonflikt wird angesprochen, indem Frieda gegen die altehrwürdigen Konventionen aufbegehrt, die insbesondere ihre Mutter noch immer pflegt. Frieda ist jung und sehnt sich nach Anerkennung – und so probiert sie sich aus und trifft sich mit diversen jungen Männern, was ihre Mutter überhaupt nicht gutheißt. Aber das ist eben das Wesen junger Menschen und man bekommt als Leser eine Ahnung davon, wie sehr die Welt in dieser Zeit im Umbruch war.

Gut gefallen hat mir auch Ernst Krüger, Friedas bester Freund aus Kindertagen. Er verkörpert eine Art „Self-made-man“, stammt aus bescheidenen Verhältnissen und arbeitet sich zielstrebig und konsequent  in der Firma von Friedas Vater nach oben. Dabei bleibt er immer bescheiden und humorvoll – eine Figur, die dieses Buch absolut bereichert.

Nur mit dem Titel des Buches hadere ich. In meiner Vorstellung von diesem Roman residiert die Familie Hannemann in der Villa an der Elbchaussee (so der Eindruck, den das Cover bei mir erweckte). Aber es stellte sich heraus, dass die Villa überhaupt nicht der Dreh- und Angelpunkt des Geschehens ist. Die Familie wohnt in der Speicherstadt, lediglich der Vater hat den Kauf einer Villa an der Elbchaussee ins Auge gefasst. Dies ist auch kein Thema, das sich durch den Roman zieht, sondern eher ein Thema am Rande (zumindest kam es mir beim Lesen so vor). Ich hätte einen Titel besser gefunden, der sich auf Frieda bezieht, da das Buch sich ja komplett um sie und ihren Weg ins Erwachsenenleben dreht („Die Schokoladenprinzessin“ oder so ähnlich). Zumindest etwas, das keine falschen Vorstellungen beim Leser weckt…

Deshalb – mit einem Stern Abzug für den Titel – gute 4 Sterne für einen guten historischen Schmöker.