Rezension

Schonungslose "Feld"-studien mit einem bitteren Ende.

Ein plötzlicher Todesfall - Joanne K. Rowling

Ein plötzlicher Todesfall
von J. K. Rowling

Bewertet mit 4.5 Sternen

Berry Fairbrother verstirbt unerwartet mit Anfang 40 an einem Aneuyrisma im Kopf. Er hinterlässt nicht nur eine Ehefrau und 4 Kinder, sondern auch einen Platz im Gemeinderat von Pagford. Nach dem anfänglichen Schock über den Verlust eines angesehenen Mitbügers aus ihren Reihen, wird so manchem Pagforder aber schnell klar, dass mit dem vakanten Platz im Rat eine Stelle frei geworden ist, die die bevorstehende wichtige Entscheidung für die Gemeinde in die eine oder die andere Richtung lenken kann.

Es geht um Fields, einer Sozialsiedlung der nahen Stadt Yarvil, die an Pagford grenzt und um die dazugehörende Drogenklinik. Beides ein Dorn im Auge der Pagforder, die sich nicht gänzlich dem "Abschaum" von Fields entziehen können, da Fielder Kinder auf die gleichen Schulen gehen, wie ihre eigenen Sprösslinge.

Berry Fairbrother war ein Kämpfer für den Erhalt der Drogenklinik und der Bindung an Fields, war er doch selbst ein Kind aus diesen Reihen und wollte seine Erfolgsgeschichte in seinem Schützling Krystal, Tochter einer Fixerin, wiederholen.

Bald schon regen sich die Geister und es gibt ein paar Bewerber für den Gemeinderatsplatz. Jeder verfolgt sein eigenes Ziel, jeder bekämpft seine eigenen Dämonen und ein Blick in die Familien lässt erahnen, dass so manche Kulisse Schlimmes verbirgt. Mit der Aufruhr um die Wahl, verschärfen sich auch die Konflikte.

Und die Jugend von Pagford und Fields hat ihre eigenen Geister zu bekämpfen. Allen voran Krystal, die ihren kleinen Bruder Robbie retten will, aber auch Fats, der Authentizität sucht, Andrew, der sich in Gaia verliebt hat und Sukhvinder, die ständig im Schatten ihrer Geschwister steht.

Bald schon tauchen anonyme Anschuldigungen auf der Internetseite der Gemeinde auf und bringen gut gehütete Geheimnisse ans Tageslicht.

Rowling beschreibt hier sehr detailreich eine Gemeinschaft, wie man sie überall erwartet, zerpflückt sie in ihre Bestandteile, um die Schwachstellen zu entblößen und lässt schließlich alles in einem schockierenden Ende eskalieren. Dabei scheint nichts ungewöhnlich oder übertrieben. Mit hoher Erzählkunst, hält sie sämtliche Fäden fest in der Hand und vergisst keinen ihrer Protagonisten. So entwirft sie ein festgefügtes Bild, bei dem alle Rädchen ineinandergreifen und der Schluß unvermeidlich, ja fast zwingend erscheint.

Zweifelnd, ob eine Harry-Potter-Erfinderin ganz ohne Zauberkunst auskommt, hat sie mich mit ihrem Sinn fürs Sozialkritische überzeugt. Mit diesem Finger in der gesellschaftlichen Wunde darf sie gern weitermachen.