Rezension

Schreiben und Schweben

Wir hätten uns alles gesagt -

Wir hätten uns alles gesagt
von Judith Hermann

Bewertet mit 4.5 Sternen

Dieses aktuelle Buch Judith Hermanns lädt zu einer Vorlesung
übers “Schweigen und Verschweigen beim Schreiben” ein.

Schreiben ist für die Autorin immer ein Aufzeigen von “Menschen und
Situationen”, die Einfluss haben (“Ich will in diese eine unbegreifliche Wirklichkeit hinein, ich will schreiben, dass ich sie nicht begreife...” (S. 100) und Schreiben beeinflussen.

Ich lese auf den 187 Seiten Erinnerungen und Reflexionen der Autorin
mit Verweisen und Fiktionen, die eher wie Gedankensplitter Anfang und
Ende des Schreibens berühren, Wahrheit ausloten und mir als Leser viel
Raum zum Nachspüren lassen.
Immer wieder sind die Sätze Judith Hermanns ein Spiel und halten mir die Schwebe, ich muss mich darauf einlassen, Gedankenbilder auszumalen oder einfach so stehenzulassen.
Familiäres mischt sich mit Traumhaftem, die Autorin blickt mit dem
Erfahrungsschatz eines halben Jahrhunderts gelebten Lebens auf
Kindheitserinnerungen wie auf ein Puppenspiel, deutet schwierige und
schöne Zeiten mit Großmutter und Vater ebenso an wie aufregende
Beziehungen zu Freundinnen und Freunden.
Ich habe etliche Sätze übers Schreiben selbst angestrichen und mit
Lesezeichen versehen.
Der Schreibstil der Autorin berührt mich und ermuntert mich, noch einmal irgendwann später ins "Sommerhaus" zu schauen.