Rezension

Schritte in den Mokassins der Tochter

Herzenswege - Dagmar Hansen

Herzenswege
von Dagmar Hansen

Bewertet mit 4 Sternen

Ein berührender Roman

Als ihre Tochter Marie mit nur 31 Jahren an Krebs stirbt, bricht für Susanna Weber und ihren Mann Martin eine Welt zusammen. Auch ein Jahr nach dem Schicksalsschlag ist die 58-Jährige wie gelähmt und muss ihren Job als Lehrerin in Berlin ruhen lassen. Ein Anruf einer ehemaligen Freundin Maries bringt Susanna ins Grübeln. Auf ihrer Rucksacktour, die Marie noch kurz vor ihrer Krankheit unternommen hat, hat die junge Frau mehrere Orte in Europa besucht und Postkarten an ihre Eltern geschrieben. Kurz entschlossen bucht Susanna mehrere Flüge. Sie möchte die Orte mit eigenen Augen sehen, die bei ihrer Tochter einen starken Eindruck hinterlassen haben. Für Susanna beginnt eine Reise, bei der sie ihre eigenen Grenzen überwinden muss, ihre angeknackste Ehe auf die Probe gestellt wird und sie sich selbst überrascht…

„Herzenswege“ ist ein berührender Roman von Dagmar Hansen.

Meine Meinung:
Der Roman besteht aus 48 Kapiteln, die von einem Epilog und einem Prolog eingerahmt werden. Erzählt wird in der Ich-Perspektive aus der Sicht von Susanna. Eingestreut sind immer wieder die Texte der Postkarten von Marie sowie Susannas Notizen, die sich in Briefform an ihre verstorbene Tochter wenden. Vielen Kapiteln ist ein passendes Zitat bekannter Personen vorangestellt. Dieser Aufbau funktioniert sehr gut.

Der Schreibstil ist locker, anschaulich und lebhaft. Die Beschreibungen der Örtlichkeiten in Italien, Frankreich, England, Irland und Spanien wecken Fernweh. Der Einstieg in die Geschichte fiel mir leicht.

Mit Susanna steht ein sympathischer Charakter im Vordergrund. Sie hatte schnell mein Mitgefühl. Ihre Gefühls- und Gedankenwelt wird sehr gut deutlich. Ihre Handlungen sind nachvollziehbar, ihre Entwicklung wirkt realitätsnah. Auch die verstorbene Tochter, die nur in Erinnerungen und in Gesprächen für den Leser greifbar wird, ist eine interessante Persönlichkeit. Darüber hinaus gibt es liebevoll dargestellte Nebenfiguren.

Gut gefallen hat mir, dass man als Leser mit Susanna einige weniger bekannte Orte wie Glastonbury und Fanore erkunden kann. Obwohl die Autorin nicht alle Destinationen selbst besucht hat, gelingt es ihr auf gelungene Weise, interessante Informationen zu Land und Leuten in die fiktive Geschichte einzuflechten. Zwar sind die einzelnen Aufenthalte relativ kurz sind. Trotzdem sorgen die Reisestationen für eine lehrreiche Lektüre. Hilfreich bei der geografischen Orientierung sind dabei die Kartenausschnitte, die vor jedem neuen Abschnitt der Reise abgedruckt sind. Leider nehmen Esoterik, Mythen, Magie, Legenden, Märchen und andere übersinnliche Aspekte sehr viel Raum in der Geschichte ein, obwohl ein solches Ausmaß an Spiritualität, überirdischen Begegnungen und Fügungen die Handlung stellenweise etwas unglaubwürdig macht. Das hätte es nicht gebraucht. Dennoch konnte mich die emotionale Geschichte nicht nur unterhalten, sondern auch immer wieder bewegen. Das Thema Trauer spielt eine zentrale Rolle in der Geschichte. Jedoch wird der Roman insgesamt nicht zu düster. Auch der Abschluss konnte mich überzeugen.

Sehr ansprechend finde ich die Gestaltung des Taschenbuchs. Das hübsche Cover macht optisch etwas her und passt darüber hinaus inhaltlich gut. Ein Pluspunkt ist, dass das Muster auch im Innenteil aufgegriffen wird. Der prägnante Titel ist ebenfalls treffend gewählt.

Mein Fazit:
„Herzenswege“ von Dagmar Hansen ist ein kurzweiliger Roman, der für schöne Lesestunden sorgt. Eine empfehlenswerte Lektüre vor allem für Leser mit einem Interesse an unbekannteren Reisezielen, Spiritualität und Trauerbewältigung.