Rezension

Schwache Geschichte aber tolle Interpretation

Mein Herz in zwei Welten - Jojo Moyes

Mein Herz in zwei Welten
von Jojo Moyes

Bewertet mit 2.5 Sternen

Der Inhalt von Mein Herz in zwei Welten ist schnell zusammengefasst: Louisa Clark möchte einen Neuanfang in New York wagen. Sie möchte nicht nur herausfinden, wer sie wirklich ist, sondern auch ihre Grenzen testen. Und so heuert sie als persönliche Assistentin bei einer wohlhabenden Familie an und stellt schnell fest, dass sie hier nicht nur als Assistentin, sondern auch als Freundin benötigt wird.

Jojo Moyes hat hier das perfekte Setting für einen tiefgründigen Roman geschaffen, konnte aber das Potenzial der Geschichte leider überhaupt nicht für sich nutzen. Louisa wird vor dem Antritt ihrer Stelle darüber informiert, dass die Frau, für die sie arbeiten soll, an Depressionen leidet. Louisa soll also nicht nur darauf achten, dass Agnes ihren Tagesablauf einhält und wichtige Termine wahrnimmt, sondern ihr auch als Freundin zur Seite stehen.

Doch schnell stellt sich heraus, dass Agnes allen Grund dazu hat, unglücklich zu sein.
Und an dieser Stelle hätte ich mir gewünscht, dass Jojo Moyes die Konflikte hier nicht nur herausarbeitet, sondern diese auch konsequent zu Ende führt und besser auflöst, als es in der Geschichte geschehen ist. Denn Louisa Clark hätte auch in diesem Setting herausfinden können, wer sie wirklich ist.

Was mich an Mein Herz in zwei Welten begeistern konnte waren, die bereits bekannten und auch neuen Charaktere allen voran Ich-Erzählerin Louisa Clark: Ich mag ihre Sicht auf die Welt und ihre Treue, anderen Menschen gegenüber. Außerdem schafft sie es, die Menschen in ihrer Umgebung, so schlecht es ihnen auch gehen mag, einfach durch ihre Art für sich gewinnen zu können. und das einfach nur, in dem sie ihnen freundlich begegnet und da ist, wenn man sie braucht.

Interessant fand ich auch, wie sich ein Nebencharakter durch die Änderung der Haupthandlung zu einer Protagonistin entwickelte: Anfangs störte mich diese Entwicklung etwas, weil ich den Eindruck hatte, dass Jojo Moyes hier die eigentliche Geschichte aus den Augen verliert. Zum Schluss war mir aber klar, warum sich die Geschichte so entwickeln musste, wie es eben war.

Was mich am Inhalt aber wirklich störte, war die falsche Darstellung von der Depression als Erkrankung. Jojo Moyes schien hier die Depression mit Unglück zu verwechseln. Somit vermittelt die Autorin ein falsches Bild von der Erkrankung.

Der Spannungsbogen war aus meiner Sicht nicht wirklich gut aufgebaut. Mich interessierte zwar, wie Louisa Clarks Geschichte endete, aber mir wurden hier zu viele falsche Fährten gelegt bzw. zu viele Handlungsstränge angedeutet, die dann ins Leere liefen.

Was ich an Jojo Moyes mag, ist ihr lebendiger Schreibstil. Der Einstieg in die Geschichte fiel mir wieder sehr leicht. Hier erzählt die Autorin die Geschichte aus der Sicht von Louisa Clark und zwar aus der Ich-Perspektive.

Jojo Moyes arbeitet Louisa Clarks Gefühlsleben gut heraus, ohne uns Hörer*innen etwas vorzukauen. Besonders gut gefallen haben mir Jojo Moyes Dialoge. Der Schreibstil der Autorin war neben der Hörbuchsprecherin der zweite Grund, weswegen ich das Hörbuch nicht abgebrochen habe.

Das Hörbuch wurde als gekürzte Lesung vom Argon Verlag produziert. Luise Helm schlüpft hier das letzte Mal in die Rolle der Louisa Clark und ich habe mich sehr auf ein Wiederhören mit der Hörbuchsprecherin gefreut. Sie hat nicht nur eine angenehme Stimmfarbe, sondern erzählt Louisa Clarks Geschichte mit einer Leichtigkeit. Ich mag es nicht nur, wie sie die Protagonistin interpretiert, sondern musste über die Gestaltung der Nebencharaktere, wie beispielsweise Louisas Eltern schmunzeln.

Gesamteindruck:
Den Reihenabschluss empfand ich mit Abstand als schwächsten Teil der Trilogie, da die Handlung einfach nicht konsequent durchgezogen wurde, sondern Louisa Clark eher durch die Geschichte stolpert. 

Da Jojo Moyes mit Ein ganzes halbes Jahr (Rezension zu Band 1) bewiesen hat, dass sie tiefgründige Geschichten spinnen kann, habe ich bis zuletzt gehofft, dass sie nochmal an die Tiefe aus dem ersten Band herankommen kann. Leider war das wohl nicht so.

Obwohl es schön ist unsere Protagonistin Louisa Clark über drei Bände hinweg zu begleiten, würde ich allen, die eine tiefgründige Liebesgeschichte suchen, einzig und allein den ersten Band der Reihe empfehlen. Die Folgebände sind ein nettes Goodie, aber kommen bei weitem nicht an den ersten Band heran.