Rezension

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Schwacher Auftakt einer ansonsten spannenden Trilogie

Ich fürchte mich nicht
von Tahereh Mafi

ZUSAMMENFASSUNG

In Zeiten, in denen sich Krankheiten wie ein Lauffeuer verbreiten, wird die Gesellschaft durch das regierende Reestablishment unterdrückt, welches ihre Bürger glauben lässt, alle Tiere seien ausgestorben und die Lebensmittelvorräte gingen zur Neige. 

Juliette kann ihre Mitmenschen durch eine bloße Berührung verletzen und sogar töten. Als sie deshalb versehentlich einen kleinen Jungen tötet, wird sie in eine Anstalt gesperrt. Nach 264 Tagen Gefangenschaft beschließt das Reestablishment, Juliette freizulassen, um von ihrer besonderen Fähigkeit Gebrauch zu machen – sie wollen sie als tödliche Waffe für ihre kriminellen Machenschaften missbrauchen.

ZITATE

“I spent my life folded between the pages of books. In the absence of human relationships I formed bonds with paper characters. I lived love and loss through stories threaded in history; I experienced adolescence by association. My world is one interwoven web of words, stringing limb to limb, bone to sinew, thoughts and images all together. I am a being comprised of letters, a character created by sentences, a figment of imagination formed through fiction.” [S. 70, englische Ausgabe]

MEINUNG

Zuallererst: Ich kann vollkommen nachvollziehen, dass die Meinungen zu diesem Buch auseinandergehen. Ich verstehe, weshalb manche das Buch lieben und andere es hassen. Die Autorin hat einen sehr eigenwilligen Schreibstil. Wenn man damit nicht klarkommt, wird es schwer werden, an dem Buch Gefallen zu finden – so erging es mir jedenfalls. Daher sollte es am besten jeder selbst lesen, um wirklich sicher zu sein, ob es ihm zusagt oder nicht. Das gilt zwar generell für jedes Buch, aber im Besonderen für dieses.

Tahereh Mafi scheint eine Vorliebe für kurze Sätze und eine Abneigung gegen Kommata zu haben. Die Geschichte ist wie eine Art Bewusstseinsstrom geschrieben: Es kommt einem beim Lesen so vor, als würde die Erzählerin ihre Gedanken ungeordnet aufschreiben, sowie sie ihr in den Kopf kommen. Ganze Passagen sind durchgestrichen, dann korrigiert Juliette ihre Aussagen. Mir gefällt die Idee dahinter im Prinzip sehr gut: Die Gefühle der Protagonistin werden verdeutlicht und man erhält einen Einblick in Juliettes geistige Verwirrung, die aus ihrer langen Gefangenschaft und Einsamkeit resultiert. Die durchgestrichenen Stellen nehmen im Verlauf der Geschichte immer weiter ab, je mehr Juliette zu sich selbst findet. Außerdem nutzt Tahereh Mafi eine Vielzahl eigenartiger Metaphern. Für mich war das Ganze ein wenig verwirrend und vor allem nervig und einfach zu viel.

Andererseits gibt ist die Story aufgrund dieses besonderen Schreibstils aber auch sehr temporeich. Man hat das Gefühl, dass ein Ereignis das nächste jagt. Das Buch kann sehr schnell durchgelesen werden, daher fand ich es auch durchaus unterhaltsam. Ich habe nicht mal zwei Tage dafür gebraucht, was ich positiv finde.

Die Handlung selbst konnte mich leider auch nicht überzeugen. Die Beziehung zwischen Juliette und Adam (ein Junge, den sie in der Anstalt kennenlernt) erschien mir als sehr übereilt und unplausibel.  Ihre Liebe zueinander kam aus heiterem Himmel – insta-love – und wurde nur durch Rückblenden gemeinsamer Erinnerungen begründet. Das wirkte auf mich weder glaubhaft noch aufrichtig. 

Außerdem hatten die beiden Turteltäubchen in brenzlichen Situationen nichts besseres zu tun, als sich ihren Gefühlen hinzugeben. Die Romanze zwischen den beiden stand meines Erachtens viel zu sehr im Vordergrund, Informationen über die Lebensumstände in einer dystopischen Gesellschaft kamen hingegen zu kurz. Die Fähigkeit, einen guten Rahmen für eine Geschichte zu schaffen, würde ich nicht zu Mafis Stärken zählen: Es werden nur wenige Informationen dazu gegeben, inwiefern die Menschen von der Unterdrückung des Reestablishments beinträchtigt werden. Da Ich fürchte mich nicht den Auftakt einer Trilogie bildet, kann es natürlich sein, dass diese Infos in den Folgebänden folgen, aber für mich war diese Grundlage einfach nicht genug, um mein Interesse zu wecken.

SPOILER: Mir erschließt sich nicht ganz, welchen Nutzen Juliette überhaupt für Warner haben soll. Ob Feinde nun durch Pistolen oder durch Juliettes Berührung getötet werden, macht doch eigentlich keinen Unterschied. Ersteres stelle ich mir sogar noch praktischer vor. Oder liegt es bloß daran, dass Warner ein bisschen ... meschugge ist und nach einer irren Gefährtin Ausschau hält? Warner ist der einzige Charakter des Buches, den ich wirklich interessant fand, auch wenn er aufgrund seiner Handlungen nicht wirklich wie ein 19-Jähriger wirkt. Ist es nicht ein großer Zufall, dass ausgerechnet Warner und Adam Juliette immun gegen Juliettes „tödlichen Touch“ sind, wohingegen jeder andere unsägliche Schmerzen erleidet? Warum? Es hat mich ein wenig aufgeregt, dass keine Antworten auf diese Fragen geliefert wurden, denn so kam mir die Geschichte lückenhaft und unplausibel vor. SPOILER ENDE.

Ich fürchte mich nicht war leider nicht ganz mein Fall, daher bezweifle ich, dass ich die Reihe weiterlesen werde. 

Kommentare

kommentierte am 26. Juni 2014 um 19:36

Ich hab das Buch mit 2,5 Sternen bewertet, keine Ahnung, wo die 1,5 Sterne herkommen! Der Spoilerpart ist extra gekennzeichnet, also können auch diejenigen die Rezension gefahrlos lesen, die das Buch noch nicht kennen.