Rezension

Schwacher Einstieg mit starkem Ende

Immortal Longings -

Immortal Longings
von Chloe Gong

Bewertet mit 3 Sternen

Der Klappentext von „Immortal Longings“ hatte mich auf Anhieb angesprochen. Tödliche Spiele sorgen in Büchern immer für viel Spannung und die Idee, jederzeit den Körper wechseln zu können, ist absolut faszinierend. Daher war ich unglaublich gespannt auf das neue Buch der Autorin Chloe Gong.

Jedes Mal, wenn sie ihn trifft, trägt er einen neuen Körper. Seine Augen verändern die Form, Nase und Haare werden mal kürzer, mal länger; mal ist er größer, mal kleiner. Doch ganz unabhängig von seinem äußeren Erscheinungsbild bleibt seine Mimik stets unverkennbar, und Calla macht sich ein Spiel daraus, all seine Gesichtsausdrücke zu sammeln.“ Zitat aus „Immortal Longings“, Seite 226.

Ich liebe düstere Fantasygeschichten und war daher zuerst sehr angetan von dem ersten Einblick in das Buch. Den Leser erwartet eine Welt, die düster und beklemmend wirkt. In der Hauptstadt San-Er im Königreich Talin leben die Menschen in Armut. Die Stadt ist übervölkert, laut, hektisch und voller Menschen, die hoch verschuldet sind. Das Bild, das Chloe Gong zeichnet, wirkt von der ersten Sekunde an trostlos und man fragt sich unweigerlich, wie Menschen unter so schlimmen Bedingungen leben können. Der Tod hat in diesem Buch eine andere Bedeutung, als wir es gewohnt sind. Denn wir sprechen hier von Menschen, die unter bestimmten Bedingungen einen anderen Körper besetzen können, falls der eigene, oder der geborgte, dem Ende nah sein sollte. Ich fand es sehr interessant zu sehen, wie sich dadurch die Moralvorstellungen verschieben. Wie sorglos teilweise mit dem eigenen Körper umgegangen wird und wie schnell ein Leben beendet wird. Diese Aspekte hat die Autorin hervorragend ausgearbeitet.

„Die meisten Leute in San-Er betrachteten ihre fleischliche Hülle nicht als ihr eigen. Sie unterscheiden zwischen Selbst und Körper und glauben, nur der Verstand gehört ganz ihnen.“ Zitat aus „Immortal Longings“, Seite 241.

Mir ist der Einstieg in das Buch leider nicht sehr leicht gefallen. Der Leser wird mit Informationen regelrecht überflutet. Auch der Schreibstil war für mich persönlich schwierig. Ich fühlte mich nicht als ein Teil der Geschichte, sondern eher wie bei einer Lektion im Geschichtsunterricht. Ich habe früher viel High Fantasy gelesen und bin daher an ruhige Einstiege gewöhnt, in denen die Autoren sich viel Raum für den Weltenaufbau und die Charaktere nehmen. Hier war mir aber insgesamt alles zu trocken. Obwohl ich gerade die Informationen über die Stadt und die Lebensweise der Bevölkerung interessant fand, hat es sich doch sehr gezogen.

Zudem springt die Autorin von einem Charakter zum nächsten. Dabei beleuchtet sie die verschiedenen Protagonisten, ihre Hintergrundgeschichten und Motive. Am Ende des Buches kannte ich viele Protagonisten, jedoch keinen von ihnen wirklich gut. Dafür bleiben die Charaktere einfach zu oberflächlich, da man kaum Einblicke in die Gefühlswelt erhält. Erschwerend kam noch dazu, dass ich niemanden sympathisch fand. Die Charaktere haben nichts Weiches an sich. Sie bestehen nur aus Ecken und Kanten. Calla wirkt auf mich wie ein durch und durch eiskalter Racheengel. Ab und an zeigt sie zwar einen Anflug von Gefühlen, doch das hält nie lange. Sie geht für ihre Pläne über eine Menge Leichen. Dabei kommen auch Unschuldige ums Leben. Sie schert sich nicht mal um das Alter dieser Menschen. Für sie sind es schlicht und einfach Kollateralschäden. Die Bezeichnung Enemies to Lovers finde ich für dieses Buch leider auch nicht sehr treffend. Die Liebe war für mich nicht fühlbar. Sie kam aus dem Nichts und wirkte auf mich einfach nicht authentisch oder nachvollziehbar.

„Jetzt wird er abermals auf die Probe gestellt, diesmal von Calla Tuoleimi, der letzten Prinzessin von Er. Sie taucht seine Welt in leuchtende Farben, grell und brandgefährlich. Er hatte schon immer eine Vorliebe für Gefährliches.“ Zitat aus „Immortal Longings“, Seite 273.

Im letzten Drittel konnte die Autorin mich dann noch richtig packen. Es wurde spannend, actionreich und den Leser erwarten einige Überraschungen. Ich hatte mit keiner der Wendungen gerechnet und ich liebe es, wenn ich überrascht werde. Und dann das Ende – ich fand es absolut genial und habe es gefeiert. Die volle Punktzahl gibt es für die Gestaltung des Buches. Das Cover in Schwarz-Gold mit Metallicveredelung sieht edel aus und der Farbschnitt passt perfekt dazu.

FAZIT: „Immortal Longings“ ist ein Fantasybuch mit einer wahnsinnig spannenden Grundidee, die in Bezug auf die Bedeutung des Todes hervorragend ausgearbeitet wurde. Bedauerlicherweise gestaltete sich der Einstieg sehr zäh. Es dauerte lange, bis Spannung und Nervenkitzel aufkamen. Das letzte Drittel des Buches konnte mich bis hin zu dem genialen Ende begeistern. Für das letzte Drittel würde ich fünf Sterne vergeben. Doch leider konnte mich ein Großteil der Geschichte einfach nicht fesseln. Mit Beginn der Spiele hatte ich auf Spannung gehofft. Aber selbst dann dauerte es noch eine ganze Weile, bis ich richtig mitfiebern konnte. Daher kann ich schweren Herzens nur 3 Sterne vergeben.