Rezension

„Schwestern sind verschiedene Blumen aus dem gleichen Garten“

Die andere Schwester - Kristin Hannah

Die andere Schwester
von Kristin Hannah

Bewertet mit 5 Sternen

Die Schwestern Claire Cavenaugh und Meghann Dontess haben sich vor langer Zeit entfremdet und seither nur noch sporadisch Kontakt, da sie völlig verschiedene Lebensvorstellungen und –pläne haben, aber auch vom Wesen her äußerst verschieden sind. Meghann ist eine knallharte Karrierefrau, die als Scheidungsanwältin Tag für Tag die Liebe in Scherben sieht. So lebt sie allein ein glamouröses Leben in Seattle und vergnügt sich ausschließlich mit kurzen Liebschaften, die ihr alle nichts bedeuten. Claire dagegen lebt noch immer mit ihrem Vater zusammen, unterstützt ihn bei der Arbeit des familieneigenen Campingplatzes und kümmert sich um ihre 5-jährige Tochter Ali. Dann findet Claire in Bobby die Liebe ihres Lebens und möchte ihre Schwester Meghann bei der Hochzeit dabei haben. Meghann, die nicht an die Liebe glaubt, macht sich auf den Weg, um ihrer Schwester ins Gewissen zu reden und sie von dieser Ehe abzuhalten. Während ihres Aufenthaltes in Hayden versuchen die Schwestern, sich auszusprechen und wieder näher zu kommen. Doch das ist schwieriger als gedacht…

Kristin Hannah hat mit ihrem Buch „Die andere Schwester“ einen sehr unterhaltsamen und emotionalen Roman vorgelegt, der den Leser ab der ersten Seite nicht mehr loslässt. Der Schreibstil ist flüssig, gefühlvoll und bildhaft, schnell taucht der Leser in die Welt der ungleichen Schwestern ein, erlebt ihre Gedanken und Sorgen hautnah mit und darf auch einen Blick in ihre Vergangenheit werfen, der ihre Entfremdung und ihr heutiges Leben vorbestimmt haben. Der Autorin gelingt es auf wunderbare Weise mit ihrem einfühlsamen Schreibstil, die schmerzhaften Verletzungen, die durch eine Kindheit mit einer sprunghaften, zynischen und lieblosen Mutter verursacht wurden, dem Leser nach und nach zu offenbaren und aufzuzeigen, wie sehr dadurch die Einstellung der beiden Frauen auf die Liebe beeinflusst wurde. Gleichzeitig geht es um kaputtes Familienleben, Entfremdung, Schuldzuweisungen und Verzeihen. Der Einblick in die Familiengeschichte der beiden Schwestern und deren Lebensverlauf bis zur heutigen Zeit lässt den Leser nicht kalt. Gefühle wie Mitleid und Trauer stellen sich automatisch ein, aber unterschwellig auch die Hoffnung, dass die beiden doch noch einen Weg finden werden, wieder enger zusammenzuwachsen und sich erneut in Vertrautheit wiederzufinden.

Die Charaktere sind sehr individuell ausgestaltet und mit Leben versehen worden. Sie wirken authentisch und sehr realitätsnah. Meghann ist eine hart arbeitende Karrierefrau, die sich über die Liebe keine Illusionen mehr macht, was zum Teil ihrem Job als Scheidungsanwältin geschuldet ist. Sie hat ihr Herz vor allem und jedem verschlossen, um Verletzungen vorzubeugen. Deshalb ist sie eine einsame Frau, die sich insgeheim nach Geborgenheit, Liebe und Wärme sehnt und ihre Schwester über all die Jahre vermisst hat. Claire ist vom ersten Moment an eine sympathische Frau. Sie kümmert sich rührend um ihre kleine Tochter und um ihren Vater. Claire ist liebevoll und hilfsbereit, besitzt Freund, die sie sehr schätzen. Doch insgeheim leidet auch Claire unter ihrer verkorksten Kindheit und den Abstand zu ihrer Schwester. Elianna Sullivan, die Mutter von Claire und Meghann, ist eine selbstsüchtige und gefühlskalte Frau, die ihren Töchtern tiefe seelische Wunden zugefügt hat. Auch die übrigen Protagonisten wie Vater Sam, Bobby oder Joe haben mit ihrem Auftreten in dieser Geschichte ihre Berechtigung und geben der Handlung zusätzlich Spannung.

„Die andere Schwester“ ist ein hochemotionaler Roman über eine verkorkste Kindheit, zerbrochene Träume, über die Liebe und das Verzeihen, der sehr berührt und auch nach der letzten Seite noch nachklingt. Absolute Leseempfehlung!