Rezension

Schwierig

All das zu verlieren - Leïla Slimani

All das zu verlieren
von Leila Slimani

Bewertet mit 3.5 Sternen

Adèle lebt mit ihrem Mann und dem kleinen Sohn in Paris. Von außen betrachtet müsste sie eigentlich sehr glücklich sein – ihr Mann hat einen guten Job und die Familie ist finanziell abgesichert, sie selbst arbeitet als Journalistin ebenfalls in einem spannenden Job. Doch als Leser merkt man sehr schnell, dass dieses scheinbar perfekte Leben nicht genug für Adèle ist. Sie fühlt sich leer und antriebslos und lässt sich deshalb immer wieder auf Affären ein.

Zunächst zum Positiven an diesem Buch – der Schreibstil von Slimani gefällt mir wirklich sehr gut. Ich mag ihre direkte Sprache und, obwohl sie sich nicht in detaillierten Beschreibungen verliert, hatte ich während des Lesens das Geschehen immer bildlich vor Augen. Daran gibt es jedoch für mich einen entscheidenden Nachteil – auch alle Sexszenen sah ich beim Lesen direkt vor meinem inneren Auge. Und diese Szenen sind zahlreich, mit wechselnden Männern und zum Teil geht es dabei nicht gerade zimperlich zu. Für meinen Geschmack hätte das ein oder andere gerne weniger explizit sein können, vor allem bei dieser Menge an entsprechenden Szenen.

Adèle als Hauptprotagonistin ist nicht gerade dazu angelegt, beim Leser Sympathie zu wecken. Selten lese ich Bücher, in denen ich so wenig Bezug zum Hauptcharakter finde und mich eher schon darauf freue, ihn bald wieder los zu sein. Adèle ist mit allem unzufrieden, empfindet gegenüber ihrer Familie keine positiven Emotionen und selbst ihre zahlreichen Affären lassen sie leer zurück. Insgesamt könnte sie ein runder Charakter sein, der nicht besonders sympathisch ist und tieferliegende Probleme hat, leider verhält sie sich in mancher Hinsicht jedoch so widersprüchlich, dass ich sie nicht immer sehr glaubwürdig finde. Als Leser erfährt man leider auch nichts über mögliche Ursachen für ihr Verhalten oder ob sie an einer psychischen Erkrankung leidet. Es gibt zwar einzelne Andeutungen, diese bleiben jedoch zu vage, als dass man sich daraus einen richtigen Reim machen kann.

Insgesamt nehmen mich nur Schreibstil und Sprache für dieses Buch ein. Den Charakteren konnte ich leider nicht wirklich etwas abgewinnen. Da ich häufig die Entscheidungen der verschiedenen Personen nur schwer nachvollziehen kann, bietet leider auch die Story an sich keinen Ausgleich dazu.