Rezension

Schwierig! Nicht leicht zu lesen und zu interpretieren

Die Rache ist mein -

Die Rache ist mein
von Marie Ndiaye

Bewertet mit 3 Sternen

Maître Susane, unscheinbare wenig attraktive 42jährige Singlefrau führt einen bescheidenen Lebensstil. Sie hat eine kleine Wohnung, ein altes Auto, keine Freunde. Dazu irgendwie im Widerspruch steht ihr soziale Stellung als Anwältin. Ihr nach außen geordnetes Leben scheint aus den Fugen zu geraten als Gilles Principaux ihre Kanzlei betritt. In ihm glaubt sie den Jungen wiederzuerkennen, der sie als Mädchen von 10 Jahren sehr beeindruckte und ihrem Sein eine neue Wendung, eine gänzlich andere Richtung verlieh. Nun will er, dass sie, eine bis dato mit recht bescheidenen Mandaten betraute Juristin, seine Frau verteidigt. Marlyne tötete die gemeinsamen drei Kinder. Eine abscheuliche Tat.

Das ist der Ausgangspunkt des Romans. Das schreckliche Verbrechen selbst wird in den 236 Seiten nicht den von mir erwarteten Mittelpunkt darstellen. Me Susane scheint der unerwartete Kontakt mit der Vergangenheit den Boden unter ihren Füßen immer mehr wegzureißen.

Ich halte fest, dass die Geschichte ziemlich abstrus daherkommt. Der Schreibstil ist nicht einfach und oft sind die Sätze ellenlang. Mehrfach las ich gerade diese ausgiebigen Textstellen nochmals durch und bin mir meiner Interpretationen keinesfalls sicher. Erschwerend kommt hinzu, dass es keine Kapitel und keine Überschriften gibt. Das Geschehen wird in fortlaufendem Text berichtet, dabei lediglich durch Absätze unterbrochen.

Die Erzählung erfolgt aus einer Perspektive, die mich immer mehr verunsicherte. Ich als Leserin erfahre nur die Ansichten der Anwältin. Hin und wieder werden deren Gedanken kursiv eingerückt. Sie ist von Selbstzweifeln geplagt und hinterfragt sich permanent selbst. Und ich frage mich, was hier Wahrheit ist und was nicht. Me Susane kommt mir zwiespältig, obsessiv, ja sogar irgendwie verrückt vor. Einiges erscheint wiederum mysteriös. Wie kommt es bspw. , dass sie sich nicht an Gilles und die Umstände in der Vergangenheit erinnern kann? Welche Rolle spielte er nun wirklich in ihrem Leben? Das und anderes läßt die Autorin bis zum Ende hin offen. Gewiß ist hier gar nichts! Für mich bestand der Roman aus rätselhaften Denkspielen.

Über den Titel „Die Rache ist mein“ könnte ich auch nur spekulieren. Auch hier ist für mich nichs eindeutig. War es Marlyne, auf die er sich bezieht? Ihre Rache an dem Ehemann? An wem rächt sich Me Susane?

Fazit:

Die Autorin ließ mich bis zuletzt im trüben fischen. Sie blieb unklar, verwirrte mich mit ihren diffusen Andeutungen. Es waberte im Nebulösen. Ich habe es leider nicht verstanden, welchen Sachverhalten Marie NDiaye Ausdruck verleihen wollte. Zum Glück las ich das Buch in einer sehr aktiven Leserunde. Auf mich gestellt wären mir viele Nuancen entgangen. Dank der vielseitigen Herangehens- und Sichtweisen habe ich mich eingehender mit dem Buch beschäftigt.

 

Ich empfehle es für alle diejenigen, die sich intensiv mit den Feinheiten von Sprache und der Interpretation von Hintergrundgeschehen beschäftigen wollen.