Rezension

Schwierig zu lesen, aber brillant geschrieben

MTTR -

MTTR
von Julia Friese

Bewertet mit 4.5 Sternen

„MTTR“ ist ein starkes Debüt der in Berlin lebenden Kulturjournalistin Julia Friese .

Ein Schwangerschaftstest bestätigt Teresa, dass sie schwanger ist. Aber Teresa will nicht Mutter werden. Die Erinnerungen an ihre Kindheit und Jugend ängstigen sie und sie ist zutiefst verunsichert, glaubt, keine gute Mutter sein zu können. Sie macht einen Termin in einer Abtreibungsklinik, den sie dann aber nicht wahrnimmt.

Der Schreibstil der Autorin ist gewöhnungsbedürftig. Sie verwendet kurze, klare und unkomplizierte Sätze, aber statt dass sie das Lesetempo erhöhen, geriet ich dadurch ins Stocken, musste immer wieder absetzen und kam in keinen Lesefluß. Auch die fehlende Interpunktion bei der Dialoge, machen das Lesen nicht einfacher. Dennoch ist es genau das, was das Buch gut macht. Es ist unbequem und das in mehrfacher Hinsicht, da es auch inhaltlich voller unbequemer Wahrheiten steckt. Über Teresa erfährt man die Probleme, denen sich eine Schwangere stellen muss. Da sind gesellschaftliche Erwartungen, die es zu erfüllen gilt, Großeltern, die vieles als ganz selbstverständlich voraussetzen, ein kaltes Krankenhaus und vieles mehr. Es ist nur verständlich, das Teresa an sich zweifelt.

Mit diesem Buch – dessen Titel „Mean Time To Recover“ = „Mittlere Zeit bis zur Wiederherstellung“ bedeutet – verdeutlicht Julia Friese die Auswirkungen der deutschen Nachkriegserziehung und macht darauf aufmerksam, mit welchen gesellschaftlichen Problemen Schwangere zurechtkommen müssen.

Obwohl ich das Gelesene anstrengend und schwierig fand, ist es einfach brillant. Hier werden unbequeme Wahrheiten mehr als deutlich ans Licht gebracht. Meiner Meinung nach ist es ein rundum gelungenes Debüt.