Rezension

Schwieriger Anfang, kann später aber überzeugen

Schwestern fürs Leben -

Schwestern fürs Leben
von Sybille Schrödter

Bewertet mit 4.5 Sternen

Handlung
Zum Weihnachtsfest des Jahres 1919 herrscht im Hause der Familie Danneberg eine bedrückte Stimmung. Der Sohn und Erbe des Rumhauses ist im Krieg gefallen, einen Nachfolger gibt es in der Familie nicht. Zumindest nach Ansicht des Vaters Danneberg. Für ihn ist es keine Möglichkeit, dass seine Töchter die Leitung eines Tages übernehmen werden, obwohl gerade die Älteste großes Interesse für die Firma hat. Und trotzdem gibt Lene nicht auf und kämpft für ihre Ziele. Genau wie ihre Schwestern, die alle einen Traum haben und an diesem festhalten. Und dies, obwohl die Wünsche vom Vater missbilligt werden und die Welt immer mehr auf eine Katastrophe zurast...

Meinung
Ich mag das Cover recht gerne, vor allem die verblassten Farben im Zusammenhang mit dem strahlenden Blau des Titels haben ihren ganz eigenen Charme. Es werden vier Damen gezeigt, alle der damaligen Mode entsprechend gekleidet und es wird bereits auf den ersten Blick sichtbar, welch unterschiedliche Wesen sie haben. Manche wirken locker und aufgeweckt, die Dame ganz links hingegen erscheint mir etwas ernster und mehr auf die Normen der damaligen Zeit bedacht. Ich erkenne in den Damen die vier Hauptprotagonistinnen wieder. In Gedanken habe ich auch schon für mich beschlossen, wer wer sein könnte und mir hat die Darstellung dabei geholfen, mir von den Damen ein Bild zu machen, so hatte ich direkt ein Gesicht vor Augen. Zudem erhascht man anhand des Cover einen Eindruck von der Mode und vom Stil der Handlungszeit, was ich sehr passend finde. Insgesamt also ein stimmiges und schönes Bild, welches viel Charme hat und mir gut gefällt!

 

Mir ist der Roman erstmals in der Verlagsvorschau aufgefallen. Und wie jedes Buch, welches ich ansprechend finde, ist auch dieses erst einmal auf meine Wunschliste gewandert. Als ich mir vor kurzem die Inhaltsangabe wiederholt durchgelesen habe, hatte ich immer noch einen positiven Eindruck von der Geschichte, mir gefällt die Handlungszeit sehr gut und ich war gespannt darauf, wie die Schwestern ihre Wege gehen, welche Ziele sie haben und wie die Dynamiken innerhalb der Familie Danneberg sind. Aus diesem Grund bin ich sehr dankbar dafür, dass ich vom Verlag ein Rezensionsexemplar erhalten habe und mir selbst ein Bild von dem Roman machen konnte. Zudem war es für mich meines Wissens nach eine Premiere, ich glaube, dass ich zuvor noch keinen Roman gelesen habe, der in dem wunderschönen Flensburg spielt.

 

Ich empfand es als sehr hilfreich, dass noch vor dem Start der eigentlichen Handlung ein Personenverzeichnis abgedruckt wurde. Nicht, dass es eine unglaubliche Fülle an Protagonisten gibt, vielmehr hatte ich anfangs einige Probleme damit, die Schwestern Danneberg auseinanderzuhalten. Sie werden oft mit ihrem Spitznamen angesprochen und ich brauchte einige Zeit, um diese immer sofort der richtigen Person mit ihren jeweiligen Ambitionen zuzuordnen. Hier hat mir ein Blick auf diese Liste immer direkt geholfen und irgendwann hatte ich dann gar keine Probleme mehr mit der Wiedererkennung. Für mich war das Personenverzeichnis also ein hilfreiches und passendes Detail, das ich nicht missen wollen würde!

 

Der Start in den Roman fiel mir leider nicht so leicht, wie ich erwartet hatte. Das lag wahrscheinlich an der Fülle von Personen und Informationen, die auf den ersten Seiten auf den Leser einprasseln, ich musste mir wirklich Zeit nehmen, um das Gelesene in einen stimmigen und passenden Zusammenhang zu bringen. Und irgendwann war die erste Informationsflut erschöpft und nach den ersten knapp 50 Seiten waren alle kleinen Problemchen vollkommen weg und ich konnte mich auf die Geschichte einlassen. Und mit zunehmender Handlung hat mich diese immer mehr in ihren Bann gerissen und ich wollte einfach nur weiterlesen und wissen, wie sich die Geschehnisse weiterentwickeln und wie die Protagonisten die politischen Veränderungen wahrnehmen.

 

Ich hatte an keiner Stelle des Romans mit der Schreibweise irgendwelche Probleme. Sie war einfach gehalten und erhält durch zahlreiche Informationen über die Politik und die Entwicklung Deutschlands einen angenehmen Anspruch. Ich konnte das Buch flüssig und problemlos lesen und empfand die Handlung mit der Zeit als immer spannender. Die einzelnen Kapitel greifen immer mehr ineinander, verbinden sich teils und lassen am Ende so einen stimmigen Roman entstehen, der ansprechend ist und eine sehr tiefgehende Geschichte beherbergt.

Ich muss aber sagen, dass mir manche Verwicklungen schon ein wenig zu viel waren, ich weiß aber gerade nicht, wie ich dies näher erläutern kann, ohne der Handlung etwas vorweg zu nehmen. Manche Begegnungen waren vielleicht ein wenig zu vorhersehbar, wenn man diverse Details bereits kennt.

 

Es gibt eine Unterteilung in drei Teile, wobei stets ein Zitat beigefügt wurde, welches auf die folgende Handlung passt, wie die Faust aufs Auge. Zudem wird noch genannt, welche der Damen im Folgenden zu Wort kommt.

Als Erzählinstanz dient ein allwissender Erzähler, der die Handlung auf eine lebendige und authentische Art und Weise erzählt. Dabei gibt es immer wieder Anmerkungen, woraus sich schließen lässt, dass er mehr weiß als der Leser. Und diese Geheimnisse werden nach und nach aufgelöst und am Ende ist zumindest bei mir keine Frage offen geblieben. Es wurde alles beantwortet und es liegt ein rundes Werk vor, welches auch gut als alleiniger Band dasteht. Und trotzdem bin ich froh, im Nachwort gelesen zu haben, dass es eine Fortsetzung geben wird. Den irgendwie bin ich noch nicht ganz dazu bereit, die Protagonisten zu verlassen, sie sind mir mit der Zeit doch ziemlich ans Herz gewachsen und ich finde es schön, dass es mehr von ihnen zu lesen geben wird!

 

Es gibt einen Prolog aus dem Jahre 1910, die Haupthandlung startet 1919 und endet mit dem Kriegsende 1945. In diesen 26 Jahren begleitet man als Leser die Damen der Familie Danneberg, erlebt mit ihnen den Zweiten Weltkrieg mit, politische Veränderungen und erfährt natürlich allerhand über Konventionen und ihr Leben. An keiner Stelle wird die Handlung zu langatmig, gleichzeitig hatte ich auch nie das Gefühl, etwas wichtiges zu verpassen. Immer war man auf dem neuesten Stand der Dinge, es gab regelmäßig kleine Sprünge, wodurch Längen erst gar nicht entstehen konnten. Im Gegenteil, die Handlung hatte einen kurzweiligen Charakter und es wurden stets nur die wichtigsten Geschehnisse angesprochen. Es war auf jeden Fall sehr sinnvoll, immer mal wieder einige Zeit zu überspringen und die Geschichte nicht ins Unendliche zu führen.

 

Ich hatte es ja bereits erwähnt, oft gibt es Erläuterungen und Details über die Politik und das Weltgeschehen, wodurch man stets gut darüber informiert ist, was es derzeit für Probleme in Deutschland und Europa geben könnte. Dabei sind teilweise auch die Protagonisten von den Geschehnissen betroffen und mir hat es gut gefallen, wie lebendig und natürlich die Fakten eingebunden wurden. Sie tauchten nie in einem zu hohen Maße auf, waren aber auch nie zu selten und haben immer zu der jeweiligen Situation gepasst.

Manchmal habe ich mich allerdings gefragt, inwiefern die Familie Danneberg von dem Krieg betroffen ist. Sie müssen sich ein wenig einschränken, aber das wird mir zu knapp geschildert. Kaum wird mal erwähnt, dass sie sich mit einfacheren Mahlzeiten und Ersatzprodukten zufrieden geben müssen. Sie haben stets genügend Stoffe, um sich einzukleiden und müssen nicht frieren, keine Menschen aufnehmen, die geflüchtet sind oder keine Heimat, keinen Wohnsitz mehr haben. Mir kommt die Familie in dieser Hinsicht etwas zu galant daher und ich hätte mir gewünscht, dass es dazu mehr Informationen gegeben hätte und sie in dieser Hinsicht nicht so privilegiert erscheinen, sondern bodenständiger auftreten.

 

An keiner Stelle habe ich den Roman als sonderlich stimmungsvoll empfunden. Weder freudige, noch traurige Momente sind zu mir durchgedrungen und ich habe daher immer eine gewisse Distanz zu den Ereignissen und den Protagonisten gewahrt. Ich hätte mir gewünscht, dass die Angst und Furcht vor und während eines Krieges stärker durchkommt und man als Leser hier mitfühlen kann.

 

Ein Großteil der Handlung spielt in Flensburg und dem Umland, dazu gibt es noch einige Kapitel in Berlin. Mit einfachen und eingängigen Worten hat es die Autorin geschafft, dass ich mir so gut wie jeden Handlungsort vorstellen konnte. Mal hatte ich mehr, mal weniger lebendige Bilder vor Augen und es entstand so eine Abwechslung, die ich als sehr angenehm empfunden habe. Wobei mir aufgefallen ist, dass ich mir die Wohnhäuser der Familie Danneberg meist am wenigsten vorstellen und manchmal die Dimensionen nicht richtig erfassen konnte oder die Gebäude recht kühl und abweisend daherkamen. Doch irgendwie hat mich das gar nicht so sehr gestört, dafür hat mir die restliche Geschichte zu gut gefallen.

 

Die meisten Protagonisten sind Angehörige der Familie Danneberg, dazu kommen nur noch wenige andere Menschen hinzu, die teils in die Familie einheiraten oder als Freunde dienen. Dadurch entsteht ein familiärer Charakter, der den Charme des Buches ausmacht. Man hat häufig gemerkt, dass die Familie, egal was kommt, zusammenhält und mir haben die Dynamiken, die herrschen gut gefallen. Es gibt sowohl Streitereien, als auch fröhliche Momente, die miteinander geteilt werden und es wird klar herausgestellt, dass die Familie ein wichtiger Faktor im Leben ist, zumindest in der Familie Danneberg.

Eines haben alle wichtigen Protagonisten gemeinsam: sie haben lebendige und abwechslungsreiche Wesen erhalten. Eine jede Person zeigt verschiedene Gesichter von sich selbst und erscheint dadurch authentisch und greifbar. Man kann sich teils mit ihnen identifizieren, teils zeigen sie Züge, die man nie bei ihnen erwartet hätte. Es gibt eine bunte Vielfalt, die das Zusammenspiel natürlich besonders interessant gestaltet hat.

Fazit

Nachdem ich anfangs ein paar Startschwierigkeiten hatte, gab es Befürchtungen meinerseits, dass ich mich eventuell ein wenig durch den Roman quälen würde. Doch diese waren glücklicherweise vollkommen unnötig, mit zunehmender Handlung konnte mich die Geschichte immer mehr überzeugen und hat sich irgendwann zu einem richtigen Page-Turner entwickelt. Am Ende hatte das Buch viel mehr Tiefgang, als ich ursprünglich erwartet hatte und ich bin irgendwie überrascht, was für einen starken Eindruck ich am Ende habe.

Trotzdem hatte ich ja leider kleine Punkte angesprochen, die ich nicht als vollkommen perfekt empfand und schließlich habe ich mich dazu entschlossen, bei manchen gnädig zu sein und lediglich einen halben Stern in meiner Bewertung abzuziehen. Ich bin nach einem holprigen Start mehr als überzeugt worden und mir wurde mal wieder gezeigt, dass es sich lohnt, bei Büchern, die nicht so ansprechend beginnen, immer dranzubleiben. Eine große Empfehlung meinerseits und ich freue mich bereits jetzt auf einen zweiten Band mit den Danneberg-Schwestern!