Rezension

Sci-Fi--Entdeckung

Neon Birds - Marie Graßhoff

Neon Birds
von Marie Graßhoff

Bewertet mit 5 Sternen

In der Regel benenne ich immer nur Fantasy als das Genre, bei dem es für mich wirklich passen muss, dass ich es lese. Aber eigentlich müsste ich Sci-Fi immer mitnennen. In diesem Genre ist so unwahrscheinlich viel möglich, was meine Vorstellungskraft übersteigt, oft auch, weil es sehr technologisierte Themen, da fühle ich mich dann einfach nicht so zu Hause, weil mir nicht alles logisch erscheint. Daher war der Griff zu Marie Grasshoffs „Neon Birds“ schon ein großes Risiko für mich. Aber die Leserstimmen waren alle so durchweg positiv, dass ich einfach ins kalte Wasser gesprungen bin.

Ins kalte Wasser springt man auch gleich mit dem Einstieg in den Roman, denn es geht gleich kräftig zur Sache. Für mich wie gesagt oftmals gefährlich, weil ich mich dann überhaupt nicht zurechtfinden kann. Aber hier war es auch der Anfang, für alle Mitleser galt also das gleiche, sie wissen ebenso wenig über das Geschehen wie ich. Das hat mich dann erst recht motiviert weiterzulesen und es hat sich gelohnt. Die Informationen über die Welt, die weit in der Zukunft liegt, werden nach und nach bereit gestellt und das geschieht so im Fluss, dass man weiterlesen will, da man ja ständig Neues erfährt.

Sehr gelungen sind dabei auch die Zwischenkapitel, die entweder militärische Akten, Dokumente oder Charakterporträts oder Infos zu ihnen sind. Da habe ich ehrlich gesagt irgendwann regelrecht drauf hingefiebert, denn diese haben prägnant alles Wichtige Preis gegeben. Klar, manche Sachen wie die Recherchen zum Impfstoff gegen KAMI kamen erst sehr spät vor, aber vorher konnte man sich zumindest Einzelheiten denken, die dann nur noch wissenschaftlich oder wie in einem Lexikon aufgeführt wurden

Die Charakterporträts waren ein wirkliches Highlight, aber auch ohne sie haben die vier Hauptcharaktere wunderbar funktioniert. Mit Luke und Flower und Andra und Okijen gibt es jeweils Zweiergrüppchen, die auch nicht wirklich etwas miteinander zu tun haben, die aber von zwei Seiten die Welt retten wollen. Auch jeder für sich funktioniert wunderbar, da sie höchst unterschiedliche Personen sind, aber sehr scharf gezeichnet und dadurch authentisch. Das ist sogar so gelungen, dass es schwer ist, Lieblinge herauszupicken. Alle haben traurige Schicksale hinter sich, alle haben dem Bösen ins Auge geguckt und trotzdem machen sie alle für etwas Besseres weiter. Vor allem sind sie alle empathische Menschen, was mir erst recht entgegenkommt und ich würde ihnen alle mein Leben anvertrauen, wodurch ich dann mit ihnen auch emotional verbunden bin.

Inhaltlich wird uns ebenfalls ein rasantes Erlebnis beschert. Durch die vier Perspektiven erleben wir das Geschehen jeweils durch andere Augen. Sie sind auch so geschickt aneinandergesetzt, dass sich Inhalte nicht immer doppeln, sondern dass sie einfach weitergehen und ständig etwas Neues passiert. Es passieren immer wieder spannende, neue Dinge, die ergründet werden wollen, es gibt Überraschungen, es gibt unerwartete Details, es ist wirklich ein Leseerlebnis ohne Atempause. All das ist dann auch noch angereichert durch einen wunderbaren Erzählstil, er ist weder zu einfach, noch zu schnörkelig. Er hält sich nicht an unwichtigem auf, sondern geht stetig in die Vollen. Das ist für eine Autorin, die zwar viel schreibt, aber noch recht wenig veröffentlicht hat, schon ungewöhnlich, sollte ihr aber Motivation sein, genauso weiterzumachen, denn dann ist sie auf einem meisterlichen Weg!

Fazit: „Neon Birds“ ist für mich eine absolut positive Überraschung. Es ist wirklich kaum mein Genre, aber hiernach sehe ich das einfach gänzlich anders. Denn, wenn Sci-Fi immer so ist, dann habe ich wirklich etwas verpasst. Eine faszinierende Welt, extrem sympathische Figuren und ein Rausch an Lesestunden. Top!