Rezension

Sebastian Meschenmoser veredelt mit seiner Kunst die zauberhafte Geschichte von Michael Ende…!

Die unendliche Geschichte - Michael Ende

Die unendliche Geschichte
von Michael Ende

Vor über einem Jahr erschien diese Schmuckausgabe anlässlich des 40. Geburtstages des Buches. Vor beinah einem Jahr habe ich sie von meinem Liebsten zum 50. Geburtstag erhalten, denn schließlich zählt "Die unendliche Geschichte" zu „Die Bücher meines Lebens“. Doch seitdem liegt dieser Prachtband unberührt auf der Ablage unseres Couchtisches. Irgendetwas hinderte mich, dieses Buch in die Hand zu nehmen und aufzuschlagen. Ausreden hatte ich reichlich parat: „Das Buch ist zu groß und zu schwer: Das kann ich nur an einem Tisch sitzend betrachten.“ und „Um dieses Buch richtig genießen zu können, brauche ich Zeit: Im nächsten Urlaub – Ja, dann setze ich mich dran!“

Ich glaube, mein Zaudern und Zögern lag vielmehr darin begründet, dass ich Angst hatte, diese Schmuckausgabe könnte nicht meine Erwartungen erfüllen und die Illustrationen würden gegen die vor über 40 Jahren entstandenen Bilder in meinem Kopf rebellieren. Schließlich liegt diese Geschichte mir so sehr am Herzen, und da war meine Befürchtung, vielleicht enttäuscht zu werden, einfach zu groß. Zudem konnte mich die Gestaltung der Neu-Auflage des Romans, die im Frühjahr des vergangenen Jahres erschien, leider nicht gänzlich überzeugen.

Doch nun war endlich die Zeit gekommen, mich meiner Furcht zu stellen…!

Die Handlung setze ich als bekannt voraus, und so werde ich mein Augenmerk ganz auf die Gestaltung des Buches lenken. Der Illustrator und Kinderbuchautor Sebastian Meschenmoser hat sich dieser herausfordernden Aufgabe gestellt. Meschenmoser ist mir u.a. durch seine bezaubernden Geschichten um Herrn Eichhorn bekannt.

Der Schutzumschlag gleitet vom Buch und offenbart einen edlen roten Leinen-Einband. Auf dem vorderen Deckel schlängeln sich in plastischer Prägung zwei Schlangen, die sich gegenseitig in den Schwanz beißen, um den Name des Autors und den Titel des Buches. Ich schlage das Buch auf und auf dem Vorsatzpapier „begrüßen“ mich in mehreren Reihen formiert eine Armada an Sphynx.

Dann beginnt die Geschichte, und ich atme auf als mein Blick auf den bekannten zweifarbigen Satzdruck in Rot und Grün fällt. Okay, auf die ursprünglichen, wunderbaren „Von A bis Z mit Buchstaben und Bildern“ wurde auch hier verzichtet, dafür hat Sebastian Meschenmoser eigene, äußerst phantasievolle Anfangsbuchstaben kreiert, die einen direkten Bezug zum folgenden Kapitel bilden und durch liebevolle Einzelheiten überraschen. Ich blätterte weiter und stieß auf das erste bunte Bild, das sich über zwei Seiten erstreckt. Insgesamt 50 großformatige Ölgemälde hat er für „Die unendliche Geschichte“ erstellt, auf denen Michael Endes Helden und Geschöpfe mal düster-bedrohlich, mal in einer überwältigenden Farbigkeit lebendig werden. In seinen Kunstwerken unterstreicht Meschenmoser das Surreale in Endes Geschichte. Weitere 138 ausdrucksstarke Zeichnungen verteilen sich über die 415 Seiten des Buches.

Allen Illustrationen ist gemein, dass ein flüchtiger Blick nicht ausreicht, um alle Feinheiten zu erfassen. Ausreichend Muße ist vonnöten, um die vielen ironischen Kleinigkeiten und versteckten Details aufzuspüren. Unwillkürlich erinnerte mich Meschenmosers Kunst an die Arbeit von Tatjana Hauptmann zu Das große Märchenbuch, und wie dieses Standard-Werk aus dem Diogenes-Verlag hat auch die Schmuckausgabe von „Die unendliche Geschichte“ das Potential zum Klassiker: Michael Endes Geschichte ist es schon seit Jahrzehnten!

Je weiter die Handlung voranschreitet, je mehr sich die reale Welt mit der Welt von Phantasien vermischt, umso tiefer wurde ich in das Buch durch die grandiosen Illustrationen hineingesogen,…

…und ich ertappte mich dabei, wie ich beim Betrachten der Bilder den Atem anhielt und mir die Augen feucht wurden,…

…denn alles war so bekannt und doch so neu und dabei so wunderschön,…

…und ich fühlte mich wie damals als Kind, als ich „Die unendliche Geschichte“ zum ersten Mal für mich entdeckte,…

„…aber das ist eine andere Geschichte und soll ein andermal erzählt werden!“