Rezension

Segen oder Fluch ?

Ein letzter erster Augenblick -

Ein letzter erster Augenblick
von Holly Miller

Bewertet mit 4 Sternen

 

Segen oder Fluch?

Seit seiner Kindheit hat Joel prophetische Träume, in denen ihm die Zukunft der ihm nahestehenden Personen offenbart wird. Manchmal spielt der Mittdreißiger Schicksal und rettet durch beherztes Eingreifen den geliebten Menschen, indem er beispielsweise einen Autounfall durch das Aufschlitzen von Reifen verhindert. Doch die Gabe fordert ihren Tribut – der Protagonist leidet unter Schlaflosigkeit, seinen Traumberuf Tierarzt musste er aufgeben, Beziehungen halten nicht lange. Doch eine Begegnung mit der Kellnerin Callie macht seinem Einsiedlerdasein ein Ende – sie verliebt sich in den stillen Joel und wagt sich wieder in’s Leben, nachdem sie nach dem Tod ihrer Freundin die Isolation vorgezogen hatte. Callies Job ist eigentlich eine Notlösung, wie so viele ehemalige Studenten (unsere Heldin ist studierte Ökologin) ist sie für die Arbeit überqualifiziert. So träumt die Bienenfreundin von fernen Orten und exotischen Gefilden, bis sie Joel trifft, der seinerseits endlich wieder Vertrauen zu einer Frau fasst.

Werden sich Joels seherische Fähigkeiten auf das Paar auswirken, gibt es ein Happy End für Callie & Joel?

 

Die Umschlaggestaltung des Buches ist einigermaßen kitschig, und ich befürchtete, mit „Ein letzter erster Augenblick“ einen seichten Liebesroman „erwischt“ zu haben. Nach Beginn der Lektüre war ich jedoch positiv überrascht, da mich vor allem die Figurenzeichnung der Autorin Holly Miller überzeugen konnte. Callie und Joel sind introvertierte, feinsinnige & empathische Menschen. Obwohl mit Joels Fähigkeiten ein phantastisches Element in die Geschichte integriert ist, sind die Schwierigkeiten und Sorgen der Protagonisten menschlich und nachvollziehbar. Holly Miller zeigt auf, wie prägend bestimmte Erfahrungen sein können, ohne dabei in’s Melodramatische abzugleiten. Von der Exposition des Romans war ich absolut begeistert, da sie nicht die typische 08/15 Einleitung ist. Im Mittelteil nahm die story Fahrt auf, aber es gab auch Längen in der Erzählung. Zu Beginn fand ich den ruhigen Erzählstil noch wunderbar erfrischend. Der Finalteil nahm im Vergleich zur Einleitung und zum Mittelteil wenig Raum ein, und ich bin mir nicht sicher, ob mir das Ende gefiel, da ich das Gefühl hatte, dass ein langer Epilog meinen Leseeindruck verwässerte.

 Insgesamt ist „Ein letzter erster Augenblick“ eine Lovestory mit melancholischen Untertönen, die formal in mehrere Teile gegliedert ist. Das Geschehen wird abwechselnd aus Joels & Callies Perspektive geschildert.  Man darf jedoch keinen actionreichen Kitschroman mit einem spektakulären Showdown erwarten. Trotz kleiner Schwächen habe ich die Geschichte gern gelesen.