Rezension

Sehnsucht nach Sansibar

Sehnsucht nach Sansibar - Micaela Jary

Sehnsucht nach Sansibar
von Micaela Jary

Bewertet mit 4 Sternen

1888 an Bord eines Dampfers auf dem Weg nach Ostafrika: Die unkonventionelle Reederstochter Viktoria Wesermann, die junge Forschungsreisende Antonia Geisenfelder und die verwöhnte Juliane von Braun schließen Freundschaft. Jede sucht ihr Glück auf der duftenden, exotischen Gewürzinsel Sansibar, doch schon bald geraten die drei in ein Wechselbad aus leidenschaftlichen, verstörenden und berauschenden Gefühlen, in einen schmerzhaften Zwiespalt zwischen orientalischem Traum und den Schatten von Sklavenhandel, blutigen Aufständen und Cholera …

Liebesroman vor der Kulisse eines Inselparadieses

In „Sehnsucht nach Sansibar“ geht es um drei junge Frauen: Viktoria, Antonia und Juliane. Die drei lernen sich auf einem Dampfer nach Sansibar kennen und schließen schon bald Freundschaft. Viktoria, Tochter eines Reeders, wird zur Strafe für ihr „aufsässiges Verhalten“ nach Sansibar geschickt, während Antonia zu Forschungszwecken nach Afrika reist: Sie ist die Sekretärin des Forschers Max Seiboldt, der dort die Cholera erforschen will. Juliane hingegen ist lediglich „Papas Töchterchen“ und wird als sein Anhängsel mit auf Geschäftsreise genommen.

Auf Sansibar angekommen, erleben die drei jede Menge. Hier möchte ich nicht zu viel verraten, aber eins sei gesagt: Alle drei Mädels befinden sich gewissermaßen auf einer Art Selbstfindungstrip und alle drei verlieben sich … Nicht umsonst nennt sich das Genre dieses Buches „Love & Landscape“ und darauf sollte sich der Leser auch einstellen: Orte, Räume, Menschen – alles wird sehr genau beschrieben, bis ins kleinste Detail. Ich hatte so einen Roman zuvor noch nicht gelesen, und mir war es an einigen Stellen zu viel der Feinheiten.

Andererseits entsteht durch die vielen Einzelheiten auch ein sehr genaues Bild von der Insel Sansibar und dem Leben, das dort von Menschen verschiedenster Nationalitäten gelebt wird. Lobenswert fand ich, dass Micaela Jary es schaffte, auch die Schattenseiten der Insel zu beleuchten (Armut, Krankheit), ohne das Bild der „Trauminsel“ zu zerstören.

Die Charaktere waren interessant und gut gezeichnet. Man merkte, dass auf Viktoria der Schwerpunkt lag, jedenfalls am Anfang. Später wurden die Erlebnisse der drei Mädchen sehr ausgewogen geschildert. Dies liegt sicher auch daran, dass Viktoria Antonia und Juliane erst auf dem Schiff nach Sansibar kennenlernt, der erste Teil des Buches jedoch in Hamburg spielt. Auch auf die Schiffsreise wird im ersten Teil sehr ausführlich eingegangen. Diesen Teil fand ich ziemlich langweilig und er hätte wegen meiner kürzer sein können. Gut gefiel mir das Buch erst ab dem zweiten Teil, als die Mädchen Sansibar erreichten.

An der ein oder anderen Stelle waren mir die Charaktere der Mädels allerdings etwas zu „glatt“: Hier haben für meinen Geschmack ein paar Ecken und Kanten gefehlt. Dies wurde aber dadurch wettgemacht, dass auch ein paar unvorhergesehene Dinge geschahen und die Handlung dadurch nicht zu „08/15“ wurde.

Insgesamt ist „Sehnsucht nach Sansibar“ ein schöner Roman gewesen, der mich tatsächlich für einige Stunden auf die ferne afrikanische Insel versetzen konnte. Wer den Roman lesen möchte, sollte sich aber im Klaren darüber sein, dass es zum einen ein Liebes- und zum zweiten ein Landschaftsroman ist. Ein paar Seiten über die Geschichte Sansibars am Ende runden diesen Roman wunderbar ab.

4 von 5 Sternchen