Rezension

Sehr atmosphärisch und tief

Die Tschechow-Leserin -

Die Tschechow-Leserin
von Corsalini Giulia

Bewertet mit 5 Sternen

Die russischsprachige Ukrainerin Nina muss ihren kranken Mann und ihre Tochter in der Heimat zurücklassen, um eine Arbeit in Italien anzutreten. In der Universitätsstadt Macerata verbringt sie viele Stunden in der Bibliothek. Dort liest sie Tschechow und lernt den Russischprofessor Giulio De Felice kennen, zu dem sie eine enge Verbindung aufbaut. Die Literatur gibt ihr Kraft und Hoffnung. Er verschafft ihr eine Dozentenstelle an der Universität. Nach einem Jahr kehrt sie aufgrund der raschen Verschlechterung des Gesundheitszustands ihres Mannes zurück nach Kiew, schafft es aber nicht vor seinem Tod dort zu sein, was ihre Tochter Nina vorwirft. Acht Jahre später arbeitet Nina am Institut für russische Sprache und Kultur in Kiew. Für eine Konferenz über Tschechow reist sie zurück in die kleine italienische Stadt Macerata.

„Die Tschechow-Leserin“ kommt eher still daher, aber gerade das ist die Stärke des Buches. Sehr feinfühlig zeichnet die Autorin ein psychologisch komplexes Porträt einer Mutter, die für ihre Familie sorgen muss und dafür in einem fremden Land eine Tätigkeit außerhalb ihres akademischen Rahmens annimmt. Ganz im Sinne Tschechows schwingt eine Melancholie in der Erzählung, der Erzählstil ist sehr atmosphärisch und anmutig. Chapeau an dieser Stelle auch an die gelungene Übersetzung, die sicherlich sehr anspruchsvoll war.

Dieses Buch ist sehr besonders, intensiv und besticht durch seine Sprache. Gerade die Unaufgeregtheit und die eher bedrückte Grundstimmung hat mich durch das Buch getragen. Von mir eine klare Leseempfehlung!