Rezension

Sehr bewegend!

Das Kind aus dem versteckten Dorf - Irma Joubert

Das Kind aus dem versteckten Dorf
von Irma Joubert

Bewertet mit 4 Sternen

Es ist 1943 in den Niederlanden. Die neunjährige Mentje und ihr Vater arbeiten auf dem Feld, als plötzlich die Soldaten vor der Tür stehen. Mentjes Vater wird festgenommen, weil er auf seinem Hof Juden Unterschlupf bietet. Das Mädchen schafft es zwar, sich zu verstecken, doch auch sie ist auf dem Hof fortan nicht mehr sicher. So macht sie sich auf den Weg zu dem Anwalt, der die jüdische Familie bei ihnen untergebracht hat. Dieser bringt sie in einem versteckten Dorf im Wald unter, wo sich Juden verstecken, die durch den Widerstand unterstützt werden und dort findet Mentje eine neue Heimat, immer darauf hoffend, dass ihr Vater eines Tages zurück kommt. Aber ihre Reise ist damit noch nicht zu ende, denn ihr Weg beginnt erst und als sie einem englischen Soldaten das Leben rettet, bekommt sie eine Chance auf ein neues Leben.

Ein riesengroßes Dankeschön geht an den Verlag der Francke-Buchhandlung, der mir dieses sehr interessante und tiefgründige Buch für eine Leserunde auf Lovelybooks zur Verfügung gestellt hat. Außerdem möchte ich der lieben Arwen10 danken, dass sie immer wieder so tolle christliche Leserunden ins Leben ruft und natürlich meinen Mitlesern und -leserinnen. Es hat mir sehr großen Spaß gemacht, wieder mit dabei sein zu dürfen.

Das Buch wird im Blick auf zwei verschiedene Charaktere erzählt. Die meiste Zeit geht es um Mentje und was sie im Laufe von einigen Jahren erlebt. Aber auch der britische Soldat Tinus hat seine eigenen Kapitel. Was den Schreibstil angeht, so bin ich ein bisschen zwiegespalten. Einerseits hatte ich gerade am Anfang noch große Probleme, weil er da noch eher schlicht und etwas langatmig war, andererseits ließ er sich die meiste Zeit richtig gut lesen und gerade Mentjes Gedanken zu lesen, ihre Gefühle und Wünsche zu erfahren, fand ich sehr emotional. Ebenfalls hat mir gefallen, dass englische sowie niederländische Ausdrücke und Sätze im Original übernommen und nochmal ins Deutsche übersetzt wurden. Außerdem gibt es immer wieder Erklärungen zu Begriffen, die man so vielleicht noch nie gehört hat. Das Buch ist also für Jung und Alt gleichermaßen gut verständlich.

Die Geschichte fand ich größtenteils wirklich überragend. Zwar brauchte ich gerade am Anfang ein bisschen, um hinein zu finden und auch das Ende hatte seine Längen, dennoch war ich gerade zwischendrin die meiste Zeit so gepackt von der Handlung, dass ich gar nicht mehr aufhören konnte zu lesen. Dabei ist die Geschichte sehr plastisch, Orte und Begebenheiten wahnsinnig gut beschrieben, so dass man sich richtig gut in sie hineinfallen lassen kann. Beeindruckend finde ich außerdem, dass sich die Handlung so nah an der Realität entlang hangelt. Man merkt hier, dass die Autorin sehr gut recherchiert hat und ihr ganzes Herzblut in das Buch hinein gelegt hat. So wurde auch die Geschichte für mich sehr realistisch und ich habe noch viel darüber gelernt, wie schrecklich und unbarmherzig Krieg ist. Und an so mancher Stelle wurde ich zum Nachdenken gebracht, wie froh wir doch sein können, dass wir das nicht erleben müssen! Auch der Bezug zum Glauben und der Bibel hat mir sehr gut gefallen. Immer wieder gibt es Szenen, in denen die Autorin Mentjes Beziehung zu Gott bearbeitet und ganz realistisch auch die Schattenseiten betrachtet. Dann zum Beispiel, wenn das Schicksal besonders hart zuschlägt, verliert Mentje auch einmal beinahe ihren Glauben und findet doch wieder zurück. Dennoch kann man dieses Buch getrost auch dann lesen, wenn man kein gläubiger Mensch ist, denn es wird hier nichts idealisiert und niemandem etwas aufgedrückt. 

Auch was die Charaktere angeht, war ich etwas geteilter Meinung, denn von Äußerlichkeiten erfährt  man erst mit der Zeit etwas. So blieben sie doch anfangs noch ein bisschen blass. Vor allem Tinus konnte ich erst ziemlich spät fassen, weil auch sein Charakter nicht so richtig zum Vorschein kam. Mentje hingegen war mir von Anfang an charakterlich sehr präsent. Sie ist ein Mädchen, welches sich sehr schnell in mein Herz graben konnte und welches ich auch so schnell nicht mehr vergessen werden. Denn Mentje ist ein wahnsinnig starker Charakter, den ich sehr gut geschrieben fand. Dazu kamen noch eine ganze Menge anderer Charaktere, die man nicht mögen muss, die aber dennoch sehr nachvollziehbar und realistisch gezeichnet waren. Eine Person, die auf jeden Fall die Geister scheidet, ist Mentjes Tante Maria, welche als Mutter total versagt, meiner Meinung nach aber nicht, weil sie ein schlechter Mensch ist, sondern weil der Krieg sie kaputt gemacht hat. So bekommt man immer wieder verschiedene Blickwinkel auf den Krieg und merkt schnell, dass jeder Mensch anders damit umgeht.

Für mich war dieses Buch eines dieser Bücher, die etwas ganz Besonderes sind. Nicht, weil es perfekt wäre, denn das ist es nicht, sondern weil es mich zum Nachdenken gebracht und sich in mein Gedächtnis eingebrannt hat. Wer also einen tiefgründigen, emotionalen und sogar lehrreichen Roman sucht, der keine Angst hat, den Krieg so darzustellen, wie er ist und der eine starke Protagonistin bietet, der sollte unbedingt zu diesem Buch hier greifen. Und wie schon erwähnt, braucht man sich auch nicht davon abgeschreckt fühlen, dass der Glaube hier eine große Rolle spielt.