Rezension

Sehr emotional

Die Nachtigall
von Kristin Hannah

Bewertet mit 4.5 Sternen

„Die Nachtigall“ ist ein wirklich berührender und aufrüttelnder Roman über das schwierigste Kapitel deutscher Geschichte.

Im Mittelpunkt stehen die beiden Schwestern Vianne und Isabelle, die unterschiedlicher nicht sein können – während für Vianne die Familie über allem steht, fühlt sich Isabelle eher als unabhängiger Mensch. Und auch als Frankreich von den Deutschen besetzt wird, geht jede der Frauen einen eigenen Weg – aber beide kämpfen auf ihre Weise gegen die Nazidiktatur.

 

Auch wenn mich das Buch nicht von Anfang an packen konnte und es etwas Zeit brauchte, bis die Geschichte in Schwung kam, hat es mich letztlich doch überzeugen und fesseln können. Kristin Hannah hat mich mit ihren Beschreibungen in die furchtbare Zeit des von den Deutschen besetzten Frankreichs entführt – ich habe den Hunger der Bevölkerung genauso spüren können wie die Kälte des Winters, habe beim Schlange stehen, um etwas Essbares zu erhalten, mitgefühlt und viele schreckliche Bilder vor Augen gehabt. Dabei fand ich die Beschreibungen nie zu weitschweifend, sondern genau passend, so dass mein Kopfkino angeschaltet war. Überhaupt schafft die Autorin eine unglaubliche Atmosphäre mit ihrem Schreibstil, der gut zu lesen ist, dabei mitreißt und den Leser berührt. Einmal in der Geschichte angekommen, war ich dann auch gefesselt und gerade in der zweiten Hälfte konnte ich das Buch kaum noch aus der Hand legen. Dabei ist die Autorin nicht zimperlich mit dem, was geschieht, hier wird nichts verharmlost oder beschönigt, sondern die Zeit so dargestellt, wie sie tatsächlich war – und auch wenn es eine fiktive Geschichte ist, konnte ich mir die beiden Schwestern Vianne und Isabelle genauso in dieser Zeit vorstellen.

 

Beide Figuren waren sehr gut gestaltet und ich könnte gar nicht sagen, wer von beiden mir besser gefallen hat. Ich mochte Vianne mit ihrer bodenständigen Art, auch wenn sie nicht so revolutionär wie ihre Schwester war und man sie fälschlicherweise auch als untertänig oder gehorsam bezeichnen könnte – sie hat auf ihre Weise gekämpft und auch gehörigen Mut bewiesen; dass sie die Familie als höchstes Gut sieht, habe ich als sympathische Eigenschaft empfunden und daher auch mit ihr gelitten und gefiebert. Ihre kleinere Schwester Isabelle war da ganz anders – sie ist impulsiv und ein Kämpfertyp, nichts kann sie so schnell zurückschrecken. Manches Mal wirkt sie dabei ein wenig naiv, und oft hatte ich das Bedürfnis, sie einfach mal in den Arm zu nehmen in dieser von Angst und Schrecken geprägten Zeit. Sie hat sich einen anderen Weg des Widerstands ausgesucht und mich mit ihrer mutigen und anpackenden Art beeindruckt. Aber auch andere Charaktere sind gut gestaltet, besonders gefallen hat mir zum Beispiel der Vater Viannes und Isabells in seiner sehr tragischen Rolle.

 

Man sollte sich wohl von dem Cover nicht in die Irre leiten lassen – so hübsch ich es auch finde, passt es meiner Meinung nach leider nicht zur Geschichte  und lässt einen an etwas ganz anderes denken. Man sollte also keine romantische Liebesgeschichte in Paris erwarten – vielmehr bekommt man bedrückende und sehr emotionale Einblicke in das Leben zweier starker Frauen im besetzten Frankreich. Ich gebe dieser Geschichte 4,5 von 5 Sternen, einen halben Stern ziehe ich nur wegen des doch zögerlichen Einstiegs in die Geschichte ab.

Mein Fazit

Eine spannende und zugleich beklemmende Geschichte zweier Schwestern, die ganz unterschiedliche Wege des Widerstands gegen das Nazideutschland gehen. Der Schreibstil ist sehr atmosphärisch und hat bei mir einen ganzen Film im Kopf entstehen lassen, die Charaktere sind sehr gut gezeichnet und haben mich mitfühlen und –leiden lassen. Diese Geschichte ist wirklich eine emotionale Tal- und Bergfahrt – wer gerne Bücher liest, die sich mit dem zweiten Weltkrieg beschäftigen und dabei nichts beschönigen, sollte sich dieses Buch mal genauer anschauen. Ich gebe ihm 4,5 von 5 Sternen und z