Rezension

Sehr gelungen

Confessions of a Jane Austen Addict - Laurie Viera Rigler

Confessions of a Jane Austen Addict
von Laurie Viera Rigler

Bewertet mit 4.5 Sternen

Courtney Stone ist 30, blond, etwas füllig um die Hüften und lebt im lauten und hektischen L.A. des 21. Jahrhunderts. Eigentlich.
Denn eines Morgens wacht sie nicht in ihrer winzigen Wohnung an der amerikanischen Westküste im Zeitalter des Internets und der Mobiltelephone auf – sondern in einem britischen Landhaus am Anfang des 19. Jahrhunderts. Es ist genau die Szenerie, mit der die Romane von Courtneys Lieblingsautorin beginnen: Jane Austen.
Courtney glaubt an einen verrückten Traum, als sie im falschen Jahrhundert und auf dem falschen Kontinent aufwacht. Schließlich hat sie erst am Abend zuvor zum gefühlt 2000. Mal Stolz und Vorurteil verschlungen und sich mit dem Buch im Arm in den Schlaf geweint. Ihre Nerven müssen verrückt spielen, redet sie sich ein, denn vor nicht einmal einer Woche ist doch ihr ganzes Leben aus den Fugen geraten, als sie ihren  Verlobten Frank in flagranti mit der Tortenverkäuferin erwischt hat, die eigentlich ihre Hochzeitstorte backen sollte.
Fest davon überzeugt zu träumen, nimmt Courtney also die beiden Menschen an ihrem Bett nicht ernst, die ihr dazu gratulieren, aus der Ohnmacht nach einem Reitunfall erwacht zu sein. Doch je länger er andauert, desto realer wird der vermeintliche Traum. Mrs. Mansfield, die an Courtneys Bett wachende Dame, die direkt einer Austen-Verfilmung entsprungen sein könnte, behauptet steif und fest Courtneys Mutter zu sein. Und als Courtney – nein, Jane, wie ihre "Mutter" sie nennt – in den Spiegel blickt, sieht sie nicht ihr altes L.A.-Gesicht, sondern die eleganten Züge einer dunkelhaarigen, schlanken Schönheit in einem antik anmutenden Nachthemd. Fassungslos muss Courtney sich dem eigentlich absurden Gedanken stellen: Irgendwie ist sie über Nacht zu Miss Jane Mansfield geworden, die das Leben einer vorbildlichen unverheirateten jungen Dame im Landhaus ihrer Eltern führt.
Und dieses Leben bietet durchaus seine Vorteile, wie Courtney (oder Jane?) bald herausfindet. Ihre eigenes Dienstmädchen kümmert sich nur um ihr Wohlergehen, finanzielle Probleme existieren im Haushalt der Mansfields nicht und ums Putzen und Kochen kümmert sich eine Schar eifriger Domestiken.
Doch trotz all dieses Luxus' will Courtney natürlich nichts dringender als in ihr altes Leben zurück; auch wenn da nur der Liebeskummer um den betrügerischen Frank auf sie wartet. Doch wie? Die Tage und Wochen vergehen und es scheint, dass alle Welt überzeugt davon ist, dass Courtney schon immer Jane Mansfield war und ins 19. Jahrhundert gehört wie die Kutschen, auf denen Herren mit Zylinder ihre Runden drehen.
Mit der Zeit ertappt sich Courtney selbst dabei, von sich als Jane zu denken und kann sich auf einmal an Dinge aus deren Vergangenheit erinnern. Besonders viel Zeit für Kontemplation bleibt ihr aber gar nicht. Der gesellschaftliche Umgang mit Nachbarn, Verwandten und Freunden nimmt kein Ende und alle wollen sie Courtneys (also eigentlich Janes) Aufmerksamkeit. Besonders fordert Mr. Edgeworth diese ein, ein attraktiver Witwer, der offensichtlich schon lange ein Auge auf Jane geworfen hat. Und auch wenn Courtney sich erst einmal an die Herrenmode des frühen 19. Jahrhunderts gewöhnen muss, fühlt sie sich von Edgeworths Aussehen und Wesen durchaus angezogen.
Aber sie kann doch keinen Fremden heiraten, der Jane, aber nicht Courtney kennt, und überhaupt kann sie doch jetzt nicht ans Heiraten denken! Schließlich befindet sich Courtney ja gar nicht in der Realität. Oder?
Statt Mr. Edgeworth schließt Courtney sich also erst mal seiner Schwester an, die offensichtlich eine enge Freundschaft mit Jane verbindet. Ihr vertraut Courtney an, dass sie nicht die ist, für die alle sie halten, auch wenn sie keine Erklärung dafür liefern kann, dass sie Jane Mansfield wie aufs Haar gleicht und in ihrem Bett aufgewacht ist. Miss Edgeworth schiebt "Janes" Verwirrung dem Reitunfall und einem Sturz auf den Kopf zu und ist sicher, dass die Erinnerungen ihrer Freundin bald zurückkehren werden.
Courtney mag ihr diese Illusionen nicht nehmen und da sie nicht weiß, wie sie in ihr altes Leben zurückkehren kann, beschließt sie, aus diesem Neuen das Beste zu machen. Mit Miss Edgeworth besucht sie die Schausplätze der Romane Jane Austens: Bath und London, und begegnet sogar ihrer großen Heldin Jane Austen persönlich.
Je mehr Courtney sich in der Regency-Zeit zu Hause fühlt, desto mehr verblasst auch ihre Sehnsucht nach ihrem alten Leben. Und je weniger sie an ihren verflossenen Verlobten denkt, desto mehr Platz nimmt Mister Edgeworth in ihrer Gedanken- und Gefühlswelt ein. Doch ist er tatsächlich der sensible Gentleman, dessen Schein ihn umgibt? Warum rät seine Schwester Courtney davon ab, seinen Heiratsantrag anzunehmen?
Vielleicht können Courtney und Jane Mansfield ihre Antworten bei einer mysteriösen Wahrsagerin finden, die ihre Dienste auf dem Jahrmarkt feil bietet. Oder aber sie finden sich tief in Courtneys/Janes Herz, das sich nach Edgeworth sehnt...

Einen Roman in Anlehnung an die große Jane Austen zu schreiben, kann ein Reinfall für Autor und Leser sein. Laurie Viera Rigler jedoch ist ein tolles Buch gelungen, das den Austen-Fan in vertraute Gefilde mitnimmt und doch viel Neues bietet. Das Zeitreise-Motiv ist wahrlich keine Revolution in der Literatur, aber in diesem Fall wird es auf besondere Weise angewandt. Hin und wieder waren mir persönlich die Witze, die sich aus dem Gegensatz 21. zu 19. Jahrhundert ergeben, etwas platt, allgemein fand ich die Geschichte jedoch originell. Ich freue mich auf Teil zwei der Jane Austen Addict Reihe!