Rezension

Sehr gelungene Shakespeare-Adaption

Der Sturm - Tom Jacuba

Der Sturm
von Tom Jacuba

Bewertet mit 5 Sternen

Als Prospero, der Herzog von Milano, die tunische Hexe Coraxa gefangen nimmt, ahnt er noch nicht, dass dies sein Leben ändern wird. Er muss Verluste hinnehmen und landet schließlich mit nur wenigen Getreuen auf einer einsamen Insel. Doch ganz so einsam ist die Insel nicht, und Prosperos Leiden ist noch nicht zu Ende.

Wer Shakespeare kennt, hat es wahrscheinlich schon erkannt: Der Autor adaptiert hier „Der Sturm“. Einem Shakespeare-Drama seinen eigenen Stempel aufzudrücken und ein eigenes Werk daraus zu machen, ist eine Kunst für sich, und, das nehme ich vorweg, Tom Jacuba ist dies sehr gut gelungen.

Bereits das Cover hat seinen eigenen Charme, durch den 3D-Effekt meint man die Wellen regelrecht wogen zu sehen, damit passt es perfekt zum Thema, dem Sturm, der auch die Rahmenhandlung des Romans abgibt. Wir erleben ihn aus Sicht Feridans, Sohn des Königs von Napoli, mit, ihm wird auch die Geschichte in Rückblicken von verschiedenen Charakteren erzählt. Der Roman ist in 4 Teilen, gleichsam Akten gegliedert, und in jedem kehren wir zunächst zu Feridan zurück, um dann zu erfahren, wie es mit Prospero weiterging. Am Ende treffen dann die beiden Erzählstränge aufeinander.

Ich persönlich habe Shakespeare vor vielen Jahren gelesen, und hatte die Handlung von „Der Sturm“ nur noch grob im Kopf, so dass ich ganz unbeeinflusst an den Roman herangehen konnte. Wer das Drama gut kennt, muss damit rechnen, dass manches anders verläuft, sollte sich aber einfach darauf einlassen

Tom Jacuba erzählt sehr bildhaft und zieht den Leser schnell in das Geschehen hinein. Der phantastische Anteil ist relativ gering, es wird hier und da Magie eingesetzt, und man trifft auf nichtmenschliche Wesen, aber im Großen und Ganzen könnte die Welt des Romans auch die unsere sein, Orte wie Milano und Napoli könnten auch vermuten lassen, einen, vielleicht historischen, Roman aus unserer Welt zu lesen. Dennoch ist der Roman ganz klar dem phantastischen Genre zuzurechnen, wenn auch nicht ganz eindeutig einem bestimmten Sub-Genre.

Die Charaktere sind dem Autor sehr gut gelungen, sie sind tiefgründig und vielschichtig gezeichnet, zumindest die Hauptcharaktere. Aber auch andere, wie die Hexe Coraxa kann man gut einordnen, wenn sie auch nicht jedes Geheimnis preisgibt. Gedanken und Emotionen aller Charaktere sind greifbar und wirken authentisch. Eine besondere Stellung erhält Miranda, die Tochter Prosperos, die, oft bei wesentlichen Szenen, selbst in Ich-Form erzählen darf, und zwar bereits als Ungeborene. Ich finde das sehr gut gelungen, diese Szenen haben ihren eigenen Reiz.

Besonders gelungen finde ich auch das Ende der Erzählung, und mit ihr die Themen, die hier anklingen, und die Tom Jacuba sehr gut herausgearbeitet hat, Verarbeitung von Verlusten, Verbitterung, Rachegedanken, aber auch Loyalität, Verantwortung, Vergebung, um nur ein paar zu nennen – sicher wird der Roman noch eine Zeitlang nachwirken.

Tom Jacubas „Der Sturm“ ist ein unterhaltsamer, spannender und nachdenklich machender Roman mit gelungenen Charakteren, den ich sehr gerne weiterempfehle, und der von mir volle Punktzahl erhält.