Rezension

Sehr gelungene und begeisternde Fortsetzung

Die Bahnhofsmission -

Die Bahnhofsmission
von Veronika Rusch

Bewertet mit 5 Sternen

Auch der 2. Teil hat mich absolut begeistert.

Mit ,, Eines Menschen Leben -Die Bahnhofsmission" hat die Autorin Veronika Rusch nun  den 2. Teil  ihrer Dilogie veröffentlicht. Nachdem ich schon den ersten Teil mit großer Begeisterung gelesen habe, war ich ganz gespannt, wie es nach dem dramatischen Ende des ersten  Bandes ,, Aller Tage Hoffnung "  weiter geht.  

Inzwischen sind 37 Jahre vergangen,  Deutschland befindet sich gerade in den letzten Tagen des 2. Weltkrieges.  Alice Hardtleben erlebt diese letzten Tage des Beschusses mit ihren Nachbarn und ihrer Freundin Trude im Berliner  Schutzkeller.  Die Angst vor den heranrückenden Russen ist spürbar, besonders als heftige Schläge an der Tür zu vernehmen sind.  Man macht sich auf alles gefasst. Als sie dort einen schwer verletzen jungen russischen Soldaten finden,  kann  Alice nicht anders und versorgt seine Wunden.  So wie sie es schon als junge Frau in der Bahnhofsmission am Schlesischen Bahnhof und auch während der Kriegsjahre gemacht hat. Endlich  ist der Krieg zuende. Nach diesen furchtbaren Jahren des Schreckens erwacht die  Stadt , die Menschen können wieder ohne Angst vor Angriffen auf die  Straßen  gehen,. Obwohl die Stadt so sehr zerstört ist, viele Menschen ihr Zuhause verloren haben , ist die Hoffnung auf ein friedliches Leben  und die Lebensfreude überall zu spüren und zu sehen.  Als Alice  am Schlesischen Bahnhof  die große Menge an Flüchtlinge,n  Vertriebenen  und Kriegsheimkehrern sieht, beschließt sie , die zerstörte Bahnhofsmission wieder aufzubauen, damit den oft völlig entkräfteten , verletzten  Menschen  geholfen werden kann. Zusammen mit  Trude und Martha,  die sie schon von damals kennt, wird geplant.  Sie erhält außerdem große Unterstützung vom russischen Oberst Wolkow. Als mit  Gregor Kramm ein Arzt dazu stößt,  kann es losgehen. Die Abkömmlinge sind überaus dankbar für heißen Tee, etwas Brot und ärztliche Hilfe. Doch warum reagieren einige so heftig , wenn sie den Arzt sehen? Hat er etwas zu verbergen? 

Auch Nathalie zieht es nach Kriegsende aus Amerika  zurück nach Berlin,  das sie damals so plötzlich  verlassen hat. Ihre Tochter  Claire begleitet sie. Sie weiß nichts über die Vergangenheit und das Leben ihrer Mutter in Deutschland, das soll auch so bleiben,  denn die Wunden aus dieser Zeit sitzen tief. Werden sich die einstigen Freundinnen sich wiedersehen ?  Können sie dann an die alte Vertrautheit wieder anknüpfen,  oder ist die Enttäuschung,  daß Nathalie ohne Abschied damals gegangen ist zu groß? 

Durch die bildgewaltigen Beschreibungen der Handlungsorte und der allgemeinen Situation in den verschiedenen Sektoren  der Stadt,  sind bei mir sofort Bilder vor meinen Augen entstanden.  Zerstörte Häuser, Frauen , die Trümmer wegräumen müssen , die Präsenz von alliierten Soldaten, die Wohnungsnot, die alltäglichen Sorgen, aber auch die Freude am Leben , die bei Tanzveranstaltungen deutlich zu spüren  ist, sind absolut realistisch und anschaulich dargestellt.  Die Personen sind  detailliert und liebevoll ausgearbeitet. Ihre Gedanken,  Sorgen  und Nöte, Ängste , ausgelöst durch furchtbarste Erlebnisse  während des Krieges sind so eindrucksvoll beschrieben,  daß ich so manches Mal innehalten musste und  Gänsehaut bekam. Gleichzeitig meine Achtung stieg, wie diese Menschen mit ihrem Schicksal ihr weiteres Leben gestalten mussten.  In einigen beschriebenen Köpfen ist trotzdem das Gedankengut der Nazis immer noch präsent. Sie  wollen das Unrecht nicht sehen , was zu,m Beispiel den Juden angetan wurde.

Obwohl das Leben der Protagonisten nicht immer einfach war, Erlebnisse der Vergangenheit sie sehr geprägt haben, bleibt noch Raum für Gefühle und  Hoffnung auf Liebe und Glück, wenn man es zulässt. 

Auch wenn man den ersten Teil nicht gelesen hat , kommt man gut in die Geschichte hinein  da Veronika Rusch die  Geschehnisse aus dem ersten Teil  äußerst geschickt in die Geschichte mit einfließen lässt.  Aber es ist ein bedeutend größerer Genuss beide Teile zu lesen.   Im Laufe der Geschichte trifft man auf alte Bekannte und erfährt was diese erlebt haben . Die verschiedenen Handlungsstränge finden hervorragend zu einem zusammen und  die Spannung nimmt immer mehr zu. Ich konnte mich kaum von der Geschichte lösen , so sehr hat mich Veronika Rusch mit ihrem großartigen Schreibstil in den Bann gezogen.  Die historische Entwicklung hin zu einem geteilten Berlin fließt wunderbar  mit in das Geschehen ein.

Ich bin auch vom zweiten Teil absolut begeistert und empfehle diesen großartigen,  spannenden und berührenden Roman  mit beeindruckenden Protagonisten von ganzem Herzen uneingeschränkt weiter.  Ein wunderbares Leseerlebnis über die Anfänge und den Wiederaufbau der Bahnhofsmission,  die auch heute noch so wichtige und großartige Arbeit leistet.