Rezension

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Sehr gelungene und spannende Fortsetzung der Reihe!

Blutzeuge - Tess Gerritsen

Blutzeuge
von Tess Gerritsen

Bewertet mit 5 Sternen

Typisch für einen Thriller beginnt auch dieses Buch erst einmal etwas rätselhaft. Man bekommt erste Einblicke in den Charakter namens Holly, die die Beerdigung einer alten Freundin besucht. Kurz darauf passieren zwei weitere Morde, die besonders durch ihre Brutalität in Form von Verstümmelungen, die post mortem durchgeführt werden, überraschen. Erst nach ein paar Untersuchungen, Befragungen und dem Lesen alter Akten gelingt es Jane Rizzoli und ihrem Partner Barry Frost endlich Verbindungen zu ziehen, die zu einem ehemaligen Kinderhort führen.

 

Tess Gerritsen schreibt ihre Thriller sehr flüssig, gut verständlich und sehr spannend. Während die erste Hälfte des Buches eher dem Spannungsaufbau und dem Wecken der Neugierde der Leser dient, so beginnen ab der Mitte die Seiten quasi zu fliegen. "Wer steckt hinter den Morden" ist die Frage, die sich immer wieder aufs Neue stellt, denn einen wirklichen Verdacht konnte ich nicht entwickeln. Zu oft wurde man in eine andere Richtung gelenkt.

Der Prespektivenwechsel zwischen Jane, Maura und Holly dient sowohl dem spannenden Verlauf, als auch um die Charaktere einfach besser kennen zu lernen.

 

Jane Rizzoli verkörpert einfach eine starke Persönlichkeit, die ihren Job liebt und nach der Wahrheit und Gerechtigkeit strebt. Doch je weiter der Thriller fortschreitet, inbesondere als (Achtung Spoiler!) Jane und Barry die Akten über den Missbrauchs-Prozess im Apple-Tree Kinderhort lesen, wird ihre Schwachstelle sehr deutlich. Diese ist nämlich ihr Kind. Seitdem sie Mutter ist, empfindet sie noch viel mehr Abscheu gegenüber Verbrechen an Kindern.

Maura Isles liebt zwar ihren Job, ist in diesem Thriller aber teilweise auch mit Zweifeln geprägt. Besonders deutlich wird das nach ihrem Besuch bei (Achtung Spoiler!) ihrer Mutter Amalthea Lank. Sie bezweifelt ihren gewählten Lebensstil und ihre Trennung von Daniel. Als sie entscheidet für ihre todkranke Mutter die Reanimationsmaßnahmen einzustellen, fühlt sie sich einsam. Ihre Blutlinie ist nun ausgelöscht. Diese Gefühle treiben sie zu der Entscheidung endlich auf ihr Herz statt auf ihre Vernunft zu hören, denn oftmals ist es das Letztere das siegt.

Holly Devine lässt hingegen erst einmal keine wirkliche Meinungsbildung zu. Sie wirkt sehr von der Gesellschaft beeinflusst, da sie bereits zu Beginn schildert, wie stark die Erwartungen an einen Menschen hinsichtlich Trauer auf einer Beerdigung sind. Ihre starke Bindung zu ihrem Vater lässt zu erst darauf schließen, dass Holly unter den Vorfällen im Kinderhort unterbewusst leidet, da sie auch nicht in der Lage war vor Everett eine wirkliche Beziehung zu einem Mann aufzubauen, sondern nur kurzen Spaß zu suchen.  Allerdings empfinde ich am Ende Holly gegenüber absolut kein Mitleid, sondern eher Ekel.

 

Das Cover des Buches gefällt mir persönlich leider überhaupt nicht, insbesondere weil es nicht zu den älteren Blanvalet Taschenbuchausgaben der Reihe passt. Dennoch ist es trotz seiner Schlichtheit recht auffällig und lässt in Kombination mit dem Titel "Blutzeuge" auf einen guten Thriller schließen.

 

Womit man allerdings gar nicht rechnet ist der Bezug in die religiöse Symbolik. Für mich war dieses Thema eher Neuland, denn noch nie habe ich mich mit den Heiligen/Märtyrern und ihren Schicksalen beschäftigt. So war mir auch die Bedeutung der Pflanzen wie z.B. Palmzweig und Efeu (S.154) nicht bekannt.

Das Buch hat für mein Empfinden auch einen starken psychologischen Hintergrund. Besonders in Kapitel 34 stellte sich mir die Frage, wie viel Wahrheit dahinter steckt. (Achtung Spoiler!) Sind wir Menschen wirklich so manipulierbar? Glauben wir wirklich gefälschte Erinnerungen? Und vor allem so schnell und auch so lange?

Einher geht dieser Hintergrund mit einer Wendung, denn plötzlich wird klar, wer hinter den Morden steckt und wieso.

 

Mich hat Blutzeuge wirklich positiv überrascht. Zu Anfang war ich ein wenig skeptisch wegen den religiösen Bezügen und der nicht ganz so stark ausgeprägten blutigen Handlungen, doch am Ende war ich von diesem Werk überzeugt.

Mit Blutzeuge ist Tess Gerritsen eine gute Fortsetzung der Rizzoli und Isles Reihe gelungen.

Das Ende fand ich sehr aus der Realität gegriffen. Denn in der heutigen Gesellschaft dreht sich zu viel darum wer du bist und was du hast, egal in welcher Generation. Dementsprechend empfinde ich zwar Ekel gegenüber dem Ende bzw. der begangenen Tat/en, bin aber nicht sonderlich verwundert. Und wer hat ihn nicht schon einmal gehört, den Spruch "Kinder können grausam sein"? Wie man ihn letzendlich interpretiert bleibt jedem selber überlassen.

 

Von mir bekommt das Buch eine ganz klare Leseempfehlung! Für jeden guten Thrillerfan und Rizzoli und Isles Begeisterten ein Muss!