Rezension

Sehr gelungenes Buch

Das Parfum. Sonderausgabe - Patrick Süskind

Das Parfum. Sonderausgabe
von Patrick Süskind

Bewertet mit 4.5 Sternen

Inhalt: Das Parfum beschreibt das gesamte Leben von Jean-Baptiste Grenouille von Geburt an. Er wird am 17. Juli 1738 auf einem Fischmarkt in Paris geboren und von seiner Mutter neben Fischresten und dem Tisch geglaubt als Todgeburt liegen gelassen. Da er direkt danach gefunden wird, wird seine Mutter wegen versuchtem Kindsmord umgebracht und Jean-Baptiste wird von Amme zu Amme gereicht. Als er älter wurde merkt er, dass er eine außerordentlich feine Nase hat, die er auch gerne benutzt.

 

Meine Meinung: Das Parfum ist ein Buch, das zu Recht zu den Klassikern gehört. Es ist zwar nicht „mal eben so“ gelesen, jedoch ist es sehr gut geschrieben und durchdacht. Der Schreibstil nimmt einen förmlich mit und lässt einen versinken. Durch sprachliche Geschicke wie teilweise halbseitenlange Sätze, wenn Jean-Baptiste aufgeregt vor Freude und Begeisterung ist, spürt man selbst sein Herz schneller schlagen. Auch der Kniff, dass er selbst keinen Eigengeruch hat und der entsprechenden genannten Redewendung „jemanden nicht riechen können“ ist ein gekonnter Zug vom Autor.

 

Die Handlung wird zum Ende hin immer „abgefahrener“, was mir selbst nicht sonderlich gut gefällt. Es passt aber zu diesem sowieso sehr kuriosen Buch. Der Schluss, der das Maß an Kuriosität und Übertreibung an den Gipfel treibt, ist dagegen wieder meiner Meinung nach ein Meisterwerk. Ein besseres Ende hätte ich mir nicht vorstellen können.

 

Jeder, dem Jean-Baptiste in seinem Leben begegnet und eine besondere Rolle spielt, wird nicht nur im Kontext von Jean-Baptiste aufgegriffen: Teilweise wird die Zeit vor dem Kennenlernen von J-B beschrieben und immer nimmt sich der Autor die Zeit, das Ableben der Personen genau aufzuführen. Somit schließt sich der Kreis der Personen genau so, wie sich auch das Kreis von J-B selbst in diesem Buch schließt. Dies hat finde ich etwas spannendes, da der Autor damit über den Tellerrand hinausschaut und nicht nur stur auf seinen Hauptprotagonisten schaut – gleichzeitig aber genau diesen damit weiterhin zum Mittelpunkt macht. Ich hatte das Gefühl, dass mir der Autor damit sagen möchte: „Aber als J-B wegging, passiert dies und jenes mit „Dieter“ und er starb. Das Leben von Dieter ist also nur solange bedeutend gewesen, wie J-B bei ihm war.“

 

Das Buch heißt mit „Untertitel“ „Die Geschichte eines Mörders“ in meiner Ausgabe. Ich ging mit der Vorstellung an das Buch, dass so gut wie das gesamte Buch von J-B Morden handeln wird. Dem war jedoch in keinster Weise so. Enttäuscht war ich im ersten Moment zwar schon, andererseits verstärkte dies das eigentliche Motiv der Morde: Der Geruch. Der Geruch spielt im gesamten Buch die wichtigste Rolle und ist gleichgestellt mit J-B selbst. Dieser ist jedoch selbst dem Geruch so dermaßen unterlegen, dass der Geruch selbst die Hauptrolle spielt. Die Morde sind nur Beiwerk und unwesentlich, dass sie nicht aus solchen niedereren Trieben getätigt werden, wie es in anderen Büchern und Filmen der Fall ist. Würde es anders gehen, würde jemand J-B verstehen, hätte er auch einen anderen Weg gewählt, jedoch blieb ihm keine Wahl anders an die Düfte der Frauen heranzukommen. Der Tod ist nur Mittel zum Zweck und wird nebensächlich behandelt. Den Untertitel finde ich deswegen schlecht gewählt. „Die Biografie von J-B Grenouille“ hätte ich als passender empfunden. Vielleicht soll es so aber auch darstellen, dass Mord nicht immer des Mordes Willen geschieht? Auf jeden Fall ist das Buch hier und auch an vielen anderen Stellen ein sehr gute Diskutiervorlage.