Rezension

sehr gut. wichtiges buch in zeiten der kriegsgefahr

Life Undercover - Amaryllis Fox

Life Undercover
von Amaryllis Fox

Bewertet mit 5 Sternen

Von manchen Büchern kann man getrost schreiben: sie lesen sich wie geschnitten Brot. Bei Amaryllis Fox und ihren Berichten über ihre Arbeit in "Live Undercover - Als Agentin bei der CIA" ist das so. Auf mehr als 270 Seiten beschreibt sie ihr Leben seit Kindertagen, das aufgrund von Erlebnissen mit zu ihrem Berufswunsch, etwas zu bewirken in der Welt, beitrug. Vorweg und gerade in diesen Tagen der Kriegsbedrohungen möchte ich ihr Fazit, das nicht nur aus ihrer zehn Jahre währenden Tätigkeit bei der CIA erwachsen ist: gehe auf deine Feinde zu: Es gibt immer Gemeinsamkeiten, die zu Frieden führen kann. Wenn man es will.
Ihr Leben ist unbeständig, ihr Vater immer wieder in anderen Ländern tätig, mal reist die Familie mit, fährt vor, kommt nach. Ständige Schulwechsel bedeuten für sie und ihre Geschwister, kaum Möglichkeiten für langanhaltende Freundschaften. Sie und ihr jüngerer Bruder sind sich bis zu dessen ersten Internatsbesuchen deshalb am nächsten. Eine der wenigen Freundinnen kommt beim Lockerbie-Attentat ums Leben. Amaryllis will genauer wissen, warum das überhaupt passiert ist. Je älter sie wird, desto mehr ist der Vater bereit, ihr viele Missstände zu erläutern. Die Ungerechtigkeiten und warum sie passieren, ist ihr größter Antrieb nach Wissen. Die Anschläge in Amerika tun ihr Übriges dazu.

Die Familie zerbricht, da die Mutter herausfindet, dass der Vater fremd geht. Amaryllis ist jahrelang darüber zornig, begreift erst später, dass die Welt nicht nur Schwarz oder Weiß ist, sondern viele Grautöne besitzt. Während ihres ersten Studiums in England (Internationales Recht) wird sie, wie sie glaubt, von einem der Geheimdienste Englands angesprochen, allerdings ist sie dafür zu diesem Zeitpunkt nicht empfänglich. Zurück in Amerika entwickelt sie während ihres Studiums (Internationale Konflikte) einen Algorithmus, der die Wahrscheinlichkeit für terroristische Anschläge vorhersagen kann. Wahrscheinlich ist das der Hauptgrund, warum sie von der CIA angeworben wurde.
Nun beginnen die Erzählungen über Ausbildung und Einsätze in den verschiedenen Abteilungen, bis sie in ihrer endgültigen Position verankert wird. Eine erste Ehe zerbricht, die zweite ist eine sogenannte "CIA-Ehe". Tarnung und Liebe zugleich. Wie schwierig es ist, sich eine Scheinwelt aufzubauen, um potenzielle Feinde in zumindest zuarbeitende Menschen zu verwandeln beziehungsweise dazu zu überreden, damit eben keine Anschläge passieren, das ist ihre Welt. Wie viel Zeit und Energie da hineingesteckt wird, wie viel Geduld man braucht und manchmal auch der pure Zufall einem hilft, davon erzählt sie uns hier.

Ein wichtiger Antrieb für ihre Arbeit ist der Mord von Terroristen an ihrem Mentor Daniel Pearl. Ebenso wie ein Zusammentreffen während ihrer Studienzeit mit der damals noch unter Hausarrest stehenden Aung San Suu Kyi, der sie tief beeindruckt hat. In ihrer Scheinwelt in China bekommt sie sogar ein Kind. Ihr Ehemann ist derweil mit anderen Aufgaben bei der CIA beschäftigt.
Niemals in dieser Zeit unbefangen mit ihrem Ehemann über die Arbeit reden zu können, immer das glückliche Leben vorspielen, um nicht aufzufliegen, das ist unglaublich schwierig. Nicht zu wissen, wie ihr eigentliches Ich ist, das lernt sie über ihre Tochter, schließlich muss sie auch in ihrer Gegenwart eine Fremde spielen. Erst als sie die Maske fallen lassen kann, erkennt sie, dieses Leben muss ein Ende haben. Für ihre Tochter und für sich selbst. Nur leider wird ihre Sicht- und Arbeitsweise bei den derzeitigen Machtverhältnissen auf taube Ohren stoßen.
Unglaublich spannend und überzeugend geschrieben, ein Dank gilt der Übersetzerin Elisabeth Liebl. Ihr Buch erschein zeitgleich in dreizehn Ländern.
Mehr über die Autorin findet sich im Netz und beim Verlag unter https://www.hanser-literaturverlage.de/autor/amaryllis-fox/