Rezension

Sehr interessantes Uni-Buch mit viel Emotion

Uni-Sex: Studium emotionale - Lina Barold

Uni-Sex: Studium emotionale
von Lina Barold

Bewertet mit 5 Sternen

Die Germanistikstudentin Sira steht kurz vor ihrer Masterarbeit. Und zu ihrem letzten Semester soll auch noch ein renommierter Goethe-Professor dozieren - wer könnte besser ihre Arbeit über ihren Lieblingsdichter betreuen?
Doch das Semester beginnt mit einem Schrecken: Der angekündigte Dozent kommt nicht, stattdessen ein verstockter, aber sehr attraktiver Dozent: Silvan Heinrich von Lengenfeld. Während Siras Freundin Vika sofort ein neues Opfer für ihre kurzweiligen Affären sieht, will Sira das Beste aus der Situation machen und ihm ihre Masterarbeit zur Betreuung vorlegen.
Gemeinsam mit Freundin Ama kann sie kaum ertragen, wie sich Vika dem neuen Dozenten an den Hals wirft, obwohl er offensichtlich nichts von ihr will. Stattdessen zeigt er unter vier Augen deutlich körperliches Interesse an Sira...

"Studium emotionale" ist ein Buch über ein Verhältnis zwischen Dozent und Studentin. Es liest sich zunächst ganz gut, und die erste Sex-Szene kommt etwas überraschend. Dadurch erfährt man aber viel über Siras Verhältnis zu ihrem Freund Daniel.

Sira ist eine Musterstudentin. Sie lernt viel, bereitet sich gewissenhaft vor und arbeitet zielstrebig auf ihre Masterarbeit hin. Ihre Ansichten zur Uni sind gut lesbar, man erkennt auch deutlich die Affinitäten zu Goethe und seinem Umfeld. Szenen aus den Seminaren werden nur oberflächlich angerissen, es sei denn es geht um die Stunden bei Lengenfeld. Dann wird diskutiert und konkreter Inhalt vorgestellt. Für diese Stunden, besonders zu Anfang als Silvan und Sira sich kennen lernen, wird viel Platz genutzt. Dennoch war es nicht Uni-Niveau, sondern auch für Nicht-Goethe-Kenner gut lesbar (ich weiß, um welche Werke es ging, habe mich aber nie so intensiv damit beschäftigt wie die Figuren im Buch es scheinbar taten).

Der Dozent Silvan ist natürlich die graue Schemengestalt. Man weiß überhaupt nicht, wie man ihn einschätzen soll. Die Geschichte ist komplett aus Siras Sicht geschrieben, wodurch man auch nicht mehr erfährt als sie.

Die Freundinnen Vika und Ama kommen relativ kurz, es geht natürlich viel um Sira und Silvan. Dennoch erfährt man besonders durch die Szenen in der Mensa, was in deren Leben vorgeht. Das wird immer in Verhältnis zu Sira gesetzt, sie denkt viel über Parallelen nach (zum Beispiel bei Ama und ihrem fast-Freund Jonas) und nimmt die Gespräche mit nach Hause.
Daniel ist, wie wahrscheinlich gewollt, nicht so der Hit, ich fand ihn aber weder doof noch spektakulär.

Da das Buch ein Emotionsroman, genauer gesagt ein Roman über Uni-Sex sein sollte, war ich teilweise sehr überrascht, wie wenig Sex eigentlich vorkam. Ich habe nach dem Titel deutlich mehr erwartet. Die Sex-Szenen mit Silvan sind eigentlich auch sehr prickelnd, aber meistens viel zu kurz. Als Sira ein Wochenende bei ihm verbringen durfte haben sie nur ein- oder zweimal Sex (das weiß ich sogar gar nicht mehr genau, weil so viel Beschreibung drumherum war). Wenn ein Mann auf eine Frau scharf ist, will er ihr dann nicht zumindest an so einem heimlichen Wochenende permanent an die Wäsche? Bei dem Ausflugswochenende habe ich es verstanden, weil die beiden nicht ständig auf ihr Zimmer verschwinden konnten. Aber sonst? Ehrlich gesagt habe ich mich irgendwann bei ca. 60% gefragt, wo das ganze hinführen soll. Sira wird sich über einige Lebensdinge klar, aber was hat das mit Uni-Sex zu tun? Vielleicht wäre es dann doch besser gewesen, weiter über Sira und Daniel zu schreiben, denn das hätte einen weiteren Sex-Charakter bedeutet...

Abgesehen von den wenigen Sex-Szenen hat mich die Beschreibung sehr beeindruckt. Das ist mir immer wieder aufgefallen. Nicht nur das Drumherum um Sira und die Uni und ihre Freundinnen, sondern auch die Wahl der Worte in den Sex-Szenen war sehr gelungen. Man kennt ja so erotische Übersetzungen, die eher vulgär und seltsam sind (das fängt an bei Titten und Ständer z.B., oder "sein aufgerichteter Turm", "ihr feuchter Schatz", etc.), hier waren die Szenen sehr stilvoll und vor allem anregend geschrieben, fand ich. Genau wie auch Silvan und Sira vom Typ her zu sein scheinen, wurde nicht wahllos und hemmungslos gevögelt sondern eher "Liebe gemacht". Auch wie gesagt, auch die anderen Szenen (ohne nackte Körper) waren wirklich gut beschrieben. An manchen Stellen wäre aber vielleicht mehr Sex und weniger Uni schön gewesen ;) Vielleicht ist der Titel auch nur zu spektakulär gewählt, denn ich finde, die Gesamthandlung des Buches könnte man mit einer anderen Erwartung genießen, wenn man nicht Uni-Sex erwarten würde...

Das Ende war unvorhersehbar und wirklich spektakulär.
Ich hoffe sehr, dass es einen Folgeband gibt, in dem wir Sira weiter begleiten können, weil es scheinbar noch viel viel zu erleben gibt. Aber bei Amazon hat jemand geschrieben, dass dieses Ende auch ok wäre. Es ist offen, aber ich könnte auch damit leben.

Weil ich insgesamt sehr gut unterhalten wurde, zwar durch den Titel "Uni-Sex" mehr Erotik erwartet habe aber nach einer Weile wusste, wie es zumindest mit den Sex-Szenen läuft, ziehe ich keinen Stern ab. Ich gebe volle Punktzahl, weil das Buch großartig geschrieben wurde. Die Goethe-Kenntnisse sind wunderbar, als ehemalige Germanistik-Studentin konnte ich mich gut einfühlen. Die Schreibweise hat ein hohes Niveau und die Geschichte ist gut durchdacht.

 

Veröffentlicht auf http://www.readandbeyourself.de/2014/07/rezension-studium-emotionale.html