Rezension

Sehr langsam erzählt, aber dafür realistisch!

Nachtblumen - Carina Bartsch

Nachtblumen
von Carina Bartsch

Bewertet mit 3 Sternen

Der Schreibstil ist sehr gemächlich & ruhig. Die Geschichte wird dabei aus der Sicht von Jana geschildert, die zu Beginn sehr zurück gezogen war. Sie war in sich gekehrt und sehr ruhig. Dementsprechend hat sie am Anfang, obwohl sie sich in einer neuen & schönen Umgebung wie Sylt mit neuen Leuten befand, weder viel gesehen, noch viel mit anderen Leuten interagiert. Deshalb ist in der ersten Hälfte des Buches so gut wie gar nichts passiert. Das ist sicherlich realistisch mit dieser Protagonistin. Dennoch hat mich das leider irgendwann gelangweilt.

Dazu muss ich sagen, dass ich „Kirschroter Sommer“ & „Türkisgrüner Winter“ von Carina Bartsch wirklich sehr mochte. Auch diese Bücher hatten ebenfalls eher einen langsameren Erzählrhythmus. Jedoch fand ich, dass dort zwischenmenschlich mehr passiert ist & ich es deshalb kein Stück langweilig fand. Aber hier war ja selbst das zunächst nicht vorhanden, sodass es mehr hervorgestochen ist, dass der Plot so gar nicht voran kam.

Janas Entwicklung & auch die des Plotes ist sicherlich realistisch & einfach passend in Relation zu ihrem Charakter & ihrem Punkt im Leben. Trotzdem kann es mir ja trotzdem nicht zusagen.

 

In der zweiten Hälfte des Buches passiert dann wesentlich mehr. Ich würde fast schon sagen, dass da eigentlich die gesamte Handlung stattfindet. Die Abwechslung mit den Briefen gegen Ende fand ich sogar sehr schön. Da hab ich es auch wesentlich lieber gelesen & es hat mir besser gefallen. Trotzdem war die Handlung da nicht wirklich schnell & die Beziehungen zu anderen Menschen hat Jana immer noch sehr langsam aufgebaut, sodass man erst relativ spät etwas wirklich wichtiges über andere Charaktere, aber auch über Jana, erfahren hat.

Das war eins meiner Probleme mit der Liebesgeschichte. Die beiden kamen sich zwar körperlich relativ schnell nahe. (Damit meine ich, dass zwischen der ersten Annäherung & eine Art „Zusammensein“ nur relativ kurze Zeit vergangen ist, was für mich da auch etwas zu schnell ging, vor allem im Vergleich zu dem sonst so gemächlichen Erzählrhythmus. Trotzdem ist es innerhalb des Buches erst relativ spät.) Allerdings haben sie sich nicht wirklich über was wichtiges oder über ihre Probleme unterhalten, weshalb mir ihre Beziehung wahrscheinlich als nicht so innig erschien, wie sie eigentlich sein sollte. Für mich persönlich wirkt die „Liebe“ realistischer, wenn die beiden auch wirklich was persönliches von einander wissen. Hier war das erst recht spät der Fall, weshalb das Prickeln & die Liebe bei mir vielleicht nicht so recht ankamen.

 

Je weiter man im Buch kommt, umso mehr hat Jana sich entwickelt & eingelebt und umso mehr hat man auch von ihr & ihrer Umgebung erfahren. Das fand ich alles wirklich sehr interessant. Besonders was Collins Vergangenheit angeht. Das war wirklich sehr überraschend & hat so manches an seinem Charakter erklärt.

Ich muss jedoch sagen, dass mir Collin als Charakter nicht ganz zugesagt hat. An sich ist er & sein Schicksal sehr interessant, aber ich fand ihn einfach teilweise zu idealisiert für die bedenklichen Sachen die er manchmal getan oder gesagt hat. Zum Beispiel folgendes Zitat von Seite 261.

 

„Wenn du zurückschlägst, [...] dann musst du so fest zuschlagen, dass der andere keine Chance hat, noch mal gegen dich auszuholen. […] So ein dummes Arschloch aus dem Heim hatte mich fertig machen wollen. Das Einzige, was ihm etwas auf der Welt bedeutete, war so ein scheiß Brief von seinem scheiß Vater. Also habe ich mir den Brief irgendwann besorgt, als er nicht da war, ihn verbrannt und die Asche auf seinem Schreibtisch gestreut. Er hat zwei Tage geheult. Danach hat er mich nie wieder angefasst.“

 

Solche Aussagen wurden leider weder hinterfragt, noch erklärt. So schlimm Mobbing auch ist, sollte man doch nicht zurück mobben. Das war hier ja sogar viel mehr als Mobbing. Das war einfach grausam. Und ich finde es schade, dass er sowas sagt, ohne dass es thematisiert wird, dass es nicht richtig war. Dementsprechend fand ich ihn auch nicht immer sympathisch. Er war schon sehr eigen & das manchmal auf eine reservierte & nicht sehr nette Weise.

 

 

Fazit: Dies ist sicherlich kein schlechtes Buch, aber es ist einfach nicht meins. Ich hab mich leider größtenteils gelangweilt & manche Handlungen oder Aussagen waren nicht nach meinem Geschmack. Jedoch waren die Charaktere sehr tief gehend & gut dargestellt. Die Geschichte war realistisch & gut durchdacht. Deshalb habe ich 3 Sterne vergeben. Letztendlich muss man sich erst mal klar werden, was man von einer Geschichte erwartet, um zu entscheiden, ob man dieses Buch lesen möchte oder nicht.

 

 

Anmerkung: Ich habe das Buch als Rezensionsexemplar vom Verlag bekommen. Danke dafür.