Rezension

Sehr raffiniertes Psychoduell

Die Falle
von Melanie Raabe

Bewertet mit 5 Sternen

Linda Conrads ist 38 Jahre alt und Bestsellerautorin. Sie lebt sehr zurückgezogen mit ihrem Hund Bukowski am Strausberger See, besser gesagt: sie hat seit 11 Jahren keinen Fuß mehr vor die Haustür gesetzt. Damals wurde ihre Schwester Anna brutal ermordet, und sie hat als Einzige den Mörder kurz zu Gesicht bekommen, als er vom Tatort floh. Er wurde jedoch nie gefasst, und als Folge dieses Traumas, das sie nie verarbeitet hat, spielt sich Lindas komplettes Leben nur noch in ihrem Haus ab. Sie kommuniziert nur über Telefon und Internet; Besuch erhält sie lediglich von ihrem Verleger und guten Freund Norbert und ihrer Assistentin Charlotte.

 

Doch dann sieht sie eines Tages einen Reporter im Fernsehen und erkennt in ihm auf Anhieb Annas Mörder. Durch Recherche im Internet findet sie seine Identität heraus, und sie beginnt, einen Plan zu schmieden, um ihn zu entlarven und ihm ein Geständnis abzuringen. Sie beginnt, ein neues Buch zu schreiben: ihren ersten Thriller. Und in diesem wird haargenau die Geschichte ihrer Schwester erzählt. Damit will sie den Reporter anlocken, unter dem Vorwand, ihm eines ihrer äußerst seltenen Interviews zu gewähren. Sie bereitet sich penibel darauf vor, und tatsächlich: er beißt an. Wird er in ihre Falle tappen?

 

 

Mir hat das Buch außerordentlich gut gefallen. Das lag sicherlich zum großen Teil daran, dass dieser Roman quasi zweigeteilt ist. Immer im Wechsel erzählt zum einen die Protagonistin in der Ich-Form ihre Geschichte, dann wieder werden Kapitel aus ihrem Buch abgedruckt. Somit erhält der Leser einerseits tiefe Einblicke in die verwundete Seele der Linda Conrads; andererseits erfährt er genau, was damals Anna zugestoßen ist. Der Schreibstil ist sehr angenehm und flüssig; als Leser wurde ich sofort in die Geschichte hineingezogen. Und diese entwickelt einen richtigen Sog; ich konnte das Buch kaum aus der Hand legen.

 

Fasziniert hat mich dann, wie das Treffen zwischen Linda und dem Reporter abgelaufen ist. Es keimen in ihr nämlich dann doch große Zweifel, ob sie wirklich dem Mörder ihrer Schwester gegenüber sitzt. Noch schlimmer: sie muss sich plötzlich die Frage stellen, ob sie nicht sogar selbst ihre Schwester umgebracht hat. Dieses Psychoduell zwischen den beiden zerrt wirklich an den Nerven des Lesers, und spätestens da ist dieser total verwirrt. Ist hier nichts so, wie es scheint? Entwickelt sich diese Geschichte doch ganz anders als erwartet?

 

Ich will jetzt nichts weiter verraten; wer wissen will, wie es ausgeht, muss dieses Buch einfach lesen.

 

Und wenn man bedenkt, dass es sich bei diesem Buch um den ersten Krimi der jungen Autorin handelt, kann man ihr nur Respekt zollen für diesen absolut raffiniert gesponnenen Plot.