Rezension

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Sehr schön erzählte Familiengeschichte

Das Haus am Fluss - Tanja Heitmann

Das Haus am Fluss
von Tanja Heitmann

Bewertet mit 5 Sternen

Eines Morgens sitzt Marie im Auto und fährt – nach Norden. Gemeinsam mit ihrem Sohn will sie im alten Sommerhaus der Familie einen Neuanfang wagen, fernab der Geister ihrer Vergangenheit. Das heruntergekommene Anwesen liegt einsam in einem verwilderten Garten am Elbdeich und verspricht die ersehnte Ruhe. Doch während sie es renoviert, entdeckt Marie in den alten Mauern Spuren des Glanzes vergangener Zeiten. Sie erzählen eine Geschichte von Liebe und Verrat – und von der Hoffnung, dass es für das Glück nie zu spät ist ..

Mit ihrem Roman "Das Haus am Fluss" entführt die Autorin uns wiederum nach Norddeutschland. "Es ist ihre ganz persönliche Sehnsuchtslandschaft, wie uns die Autorin mitteilt."
Die Familiensaga spielt auf zwei Zeitebenen und handelt von zwei unterschiedlichen und dennoch sehr persönlich dargestellten Frauen. Was aber verbindet sie?
Im Februar 2013 zieht Marie mit dem zehnjährigen Sohn Valentin aus der Großstadt Frankfurt in das kleine Örtchen Tidewall im Elbmarschen. Dort hatte ihr der Cousin des Vaters, Gerald Weiss, das Haus der Familie zum Wohnen überlassen. Es würde eh nicht genutzt, nur um die Renovierung müsse sie sich selbst kümmern. Aber sie brauchte keine Miete zahlen. Allerdings standen ihr nur die unteren Räume zur Verfügung, die erste Etage war absolut tabu und durfte nur von Geralds Mutter Marlene betreten werden. Gerald selbst hatte die Räume das letzte Mal betreten, als seine Großmutter Mina noch lebte. Das Haus war seit fasta einem Jahrhundert in Familienbesitz und wurde vom Hamburger Zweig, der Gerald angehörte, früher viel als Sommerresidenz genutzt, das "Kapitänshaus". Nicht von ungefähr kam der Umzug, zu schmerzlich waren all die Erinnerungen, die schlaflosen Nächte, von Albträumen geplagt, nachdem Marie durch den plötzlichen Tod von Thomas allein da stand.
Im  Juni 1924 feiert die Hamburger Familie Eduard Boskopsen den 21. Geburtstag der Tochter Wilhelmine, genannt Mina, in Tidewall. Nach dem Tod der Mutter hatte der Vater wieder geheiratet, Adelheid, und zusammen hatten sie einen Sohn, den elfjährigen Hubert. In den vergangenen drei Jahren war Mina mit ihrer Großmutter Theophila durch die Welt gereist.
Dieses Buch ist wie ein kleines Abenteuer, man weiß nie genau, was einen erwartet. Allerdings hatte ich von der Autorin schon das Buch "Das Geheimnis des Walfischknochens" , welches ebenso in Schleswig-Holstein spielt, sowie noch einige andere Bücher gelesen. Nun war ich neugierig, welches Geheimnis sich im "Kapitänshaus" verbarg.
Zitat S. 194
Denn die Geheimnisse anderer Leute rührte man nicht an, solange man nicht wollte, dass sie die eigenen ans Tageslicht zerrten.
 

Hauptpersonen sind in der Vergangenheit Wilhelmine, Mina, und in der Gegenwart Marie. Deren Wachsen als Protagonistinnen waren nachvollziehbar. Eine bemerkenswerte Nebencharaktere war die Großmutter Theophila. Hier treffen wir auf eine altersweise, lebensfrohe Frau, die unbeirrt trotz ihres Standes in der Gesellschaft ihren Weg gegangen ist. Sehr beeindruckend! Von ihr erhält Mina an ihrem 21. Geburtstag eine Rubinnadel, die der rote Faden für die Handlung ist und fast 100 Jahre später in Maries Besitz gelangt.
Die Sprache ist angepasst und der Roman flüssig zu lesen. Was gut bei allen Protagonisten zu spüren ist, das sind die jeweiligen Stimmungen.
Auch dieses Buch von Tanja Heitmann hat mir gefallen und ich konnte mich sehr gut in die Handlung hineinversetzen. Beide Erzählstränge sind gut miteinander verknüpft. Die norddeutsche Kulisse so dargestellt, dass man den Nebel spürt, den Geruch des Meeres in der Nase hat …

letzter Satz
Sie waren zwei so unterschiedliche Frauen, die letztendlich doch am gleichen Fluss gestanden und aufs Wasser geblickt hatten.

Unterhaltsam und dennoch berührend werden hier Familienleben, ob Vergangenheit wie auch Gegenwart, beleuchtet. Diese Story zu lesen - ein Lesegenuss..