Rezension

Sehr schöner, berührender Roman – klare Leseempfehlung

Karolinas Töchter
von Ronald H. Balson

Bewertet mit 5 Sternen

Lena Woodward ist Ende achtzig und lebt mittlerweile in Chicago. Sie will endlich ihr Versprechen einlösen, dass sie 1943 ihrer besten Freundin Karolina in einem Zug in Polen auf dem Weg zum Lager Groß-Rosen gab. Sie muss ihre beiden Töchter finden. Dazu engagiert sie nun, siebzig Jahre später einen Privatdetektiv, der die Mädchen finden soll. Doch auf dem Weg dahin gibt es einige Hürden. So zum Beispiel Lenas Sohn, der seine Mutter vor Gericht zieht und meint, sie würde sich die Existenz der Kinder und Karolinas nur einbilden. Doch was ist nun die Wahrheit? Das möchte die Anwältin Catherine Lockhart herausfinden und lässt sich von Lena ihre Geschichte erzählen. Wie sie als jüdisches Mädchen in Chrzanów aufwuchs. Wie ihre Familie deportiert wurde und Lena sich auf dem Dachboden versteckte. Sie ging in den Widerstand und verlor nie den Glauben, dass alles wieder gut werden wird.

Mir hat dieser Roman sehr gut gefallen. Die Kombination aus dem aktuellen Prozess und Lena Geschichte ist sehr gelungen. Vor allem Lenas Vergangenheit wurde sehr bildlich und lebendig geschildert. Man hatte das Gefühl von „Kino im Kopf“ und fühlte sich versetzt ins Polen der vierziger Jahre. Mir war Lena sehr sympathisch und ich habe mit ihr mitgelitten.

Wie Lena da auf dem Dachboden lebt, das erinnerte schon stark an Anne Frank oder auch ein anderes Buch das ich mal gelesen habe (Anita Lobel: Das Versteck auf dem Dachboden). Als sie endlich zu den Nachbarn flieht, denkt man gut, geschafft, jetzt wird es besser. Und dann geht sie freiwillig zurück. Bewundernswert, wie stark Lena mit ihren noch nicht einmal 20 Jahren war. Nach dem Lesen des Nachworts weiß man, dass die gesamte Handlung zwar so wie sie aufgeschrieben ist Fiktion ist, dennoch sind die einzelnen Geschichten wirklich passiert. Zwar nicht dieser Lena Woodward, aber einer anderen jungen Frau. Das macht das Ganze noch authentischer.

Der Schreibstil hat mir sehr gefallen. Er ist leicht zu lesen. Und wie oben schon geschrieben, sehr bildlich. Noch dazu wirkt die gesamte Geschichte sehr schlüssig.

Sehr geschickt fand ich, dass sich der Bericht über die aktuelle Suche nach Karolinas Töchtern immer wieder mit Lenas Berichten abwechselt. Lena berichtet über ihre Wege und Liam, der Privatdetektiv, beschreitet selbst gerade diese Wege.

Schön fand ich auch, dass nicht alle Deutschen als schlecht dargestellt wurden. Es gab durchaus auch „nette“, die selbst gegen die Vernichtung von Menschen waren und endlich das Ende des Krieges herbeigesehnt haben, hier zum Beispiel Oberst Müller. Oder die netten polnischen Nachbarn, die Lena bei sich versteckten. Natürlich gab es auch genug andere, die Juden und ihre Helfer verraten haben.

Ich habe an diesem Buch nichts Großes auszusetzen und es wird mir sicherlich noch etwas im Gedächtnis bleiben. Ich kann eine klare Leseempfehlung aussprechen. Ich vergebe volle fünf von fünf Sternen.