Rezension

sehr spannend und politisch hochaktuell

Elitewahn - Liliane Skalecki, Biggi Rist

Elitewahn
von Liliane Skalecki Biggi Rist

Bewertet mit 5 Sternen

Wehret den Anfängen... oder sind wir schon mittendrin?

Schloss Waldesruh ist ein Eliteinternat in Bodenseenähe. Das Schulgeld ist hoch, es werden aber Stipendien vergeben.

Die Landschaftsgärtnerin Malie hat den lukrativen Auftrag erhalten, einen Teil der Parkanlage des Internats umzugestalten. Im Laufe dieser Tätigkeit freundet sie sich mit dem Lehrer Malte Jensen an, der dort Sport und Biologie unterrichtet. Malies Freundin Lioba, als Archivarin des Amtes für Bau-, Umwelt und Naturschutz tätig, erhält eine Anfrage von Hans Kessler, einem emeritierten Professor für Baugeschichte, der über Schloss Waldesruh forscht.

Mit großer Bestürzung erfahren Malie und Lioba, dass innerhalb weniger Tage sowohl Malte als auch Professor Kessler sterben, Diagnose bei beiden: Herzversagen. Zufall? Malie und Lioba beginnen – zuerst jede für sich – zu recherchieren; Malie direkt im Internat und Lioba beschäftigt sich mit den Eigentumsverhältnissen des Schlosses. Wir als Leser nehmen teil an den „Ermittlungen“: was hat die Partei PDW (Puristisch. Deutsch. Wertvoll) mit den Vorgängen im Internat zu schaffen? Ist es von Bedeutung, dass das Schloss früher einem jüdischen Geschäftsmann gehörte, der 1938 in die USA emigrierte? Soviel zur Handlung...

Ich kannte den Vorgängerroman „Ausgerottet“ nicht, konnte mich aber sehr schnell mit Malie und Lioba vertraut machen und der Handlung problemlos folgen.

Die beiden Autorinnen Biggi Rist und Liliane Skalecki schaffen es hervorragend, eine spannende Handlung mit aktueller (Tages-)Politik zu verbinden: „Die Welt schien aus den Fugen zu geraten, und rechtspopulistische Ansichten waren auf dem Vormarsch. In den USA und in Europa.“ (S. 18)

Wir kommen dem Geschehen im Internat durch verschiedene Zeitstränge näher. Auch in Rückblenden werden uns unterschiedliche Sichtweisen (erhellend) verdeutlicht, die aber alle klare Hinweise auf die Vorgänge in der Gegenwart geben.

Der Schreibstil ist „locker-luftig-leicht“, auch schwierige Fragestellungen, wie z.B. in der Bioethik werden sehr verständlich ausgedrückt. Wir als Leserschaft werden immer wieder angeregt, unsere eigene Haltung zu bestimmten Themen zu finden und darüber nachzudenken. Dies geschieht ohne einen „moralischen Zeigefinger, quasi „by the way“. Zu keinem Zeitpunkt wird der Lesefluss gestoppt – eher umgekehrt: ich wollte immer gern „noch eine Seite“ lesen...

Ich war und bin wirklich sehr beeindruckt von diesem Buch, es regt mich auch heute noch zum Nachdenken über gewisse politische Konstellationen (und deren Auswirkungen!) an, deshalb ganz klar hier von mir eine absolute Leseempfehlung (und nicht überraschend: ich werde wohl demnächst „Ausgerottet“ lesen...)!