Rezension

Sehr unterhaltsam

Die Spur der Bücher
von Kai Meyer

London um die Jahrhundertwende. Das Waisenmädchen Mercy hat zwar bibliomantische Kräfte, nutzt sie aber nicht mehr, seitdem ein guter Freund von ihr zu Tode gekommen ist. Stattdessen spürt sie auf Auftrag seltene Bücher auf. Als ein Nachbar ihres Ziehvaters unter mysteriösen Umständen ums Leben kommt, muss sie sich mehr mit der Vergangenheit befassen, als ihr lieb ist…

"Die Spur der Bücher" bildet den Auftaktband zu einer Prequel-Reihe zu "Die Seiten der Welt". Vorkenntnisse der Hauptreihe sind sicher nützlich und bieten einen besseren Zugang zur Welt, in der die Geschichte spielt, zum Verständnis aber nicht zwingend notwendig.

Die Geschichte wird in der dritten Person erzählt, grösstenteils aus der Sicht der Protagonistin Mercy. Sie ist zwar noch jung, erst gerade 19, aber durch den Tod ihres Freundes Grover, den sie mitansehen musste, sehr misstrauisch und in einem gewissen Masse auch menschenfeindlich geworden. Sie bleibt am liebsten alleine und gibt sich nur dann mit anderen Leuten ab, wenn es beruflich zwingend notwendig ist. Im Laufe der Geschichte wird sie zwar etwas zugänglicher, bis sie sich aber wirklich wieder anderen Menschen gegenüber öffnen kann, wird es wohl noch einige Bände dauern (soweit ich gesehen habe, ist auch "Die Spur der Bücher" wieder als Trilogie angelegt).

Während "Die Seiten der Welt" sehr fantasylastig ist, konzentriert sich "Die Spur der Bücher" mehr auf den Krimi-Aspekt. Natürlich spielt auch hier die Bibliomantik (und damit die Magie) eine grosse Rolle, doch in erster Linie geht es darum herauszufinden, wer hinter dem Tod des Buchhändlers Ptolemy steckt. Viel mehr als verschiedene Leute dazu befragen macht Mercy in diesem Band allerdings nicht, wer sich also raffinierte Ermittlungen erhofft, wird in dieser Hinsicht enttäuscht. Auch atemlose Spannung ist hier nicht zu erwarten, die Geschichte entwickelt sich eher langsam und gemütlich. Dennoch habe ich Mercy sehr gerne durch London begleitet und zusammen mit ihr versucht herauszufinden, wer hinter dem Mord an Ptolemy steckt und das die Groschenhefte "Penny Dreadfuls" damit zu tun haben. Dazu beigetragen hat sicher auch das viktorianische Setting, bei dem es Kai Meyer überzeugend gelungen ist, mir den Dreck und die Armut (und in Gegenzug dazu die Dekadenz der Oberklasse) vor Augen zu bringen.

Der Schreibstil des Autors Kai Meyer ist wie immer flüssig, bildhaft beschreibend und gut lesbar. Ich freue mich schon auf das nächste Abenteuer von Mercy.
 

Mein Fazit

Sehr unterhaltsam, gerne mehr.