Rezension

Sehr unterhaltsam, aber etwas zu abgedreht

Flugangst 7A
von Sebastian Fitzek

Bewertet mit 4 Sternen

»Dank Ihrer Therapie haben Sie Ihren Patienten vor einiger Zeit von seinen selbstzerstörerischen Gedanken befreit und ihm ein normales Leben ermöglicht.« Und? »Ich möchte, dass Sie diese Therapie rückgängig machen. Reaktivieren Sie die Gewaltfantasien Ihres Patienten. Lösen Sie erneut Mordgedanken in ihm aus. Und bewegen Sie ihn dazu, das Flugzeug zum Absturz zu bringen.«

Dr. Mats Krüger ist ein erfahrener und erfolgreicher Psychiater, vielen Menschen hat er schon geholfen, sie von Problemen und Ängsten befreit. Bei sich selbst konnte er kein ähnlich gutes Ergebnis erzielen, er leidet unter panischer Flugangst und selbst ein entsprechendes Seminar konnte ihn davon nicht heilen. Freiwillig würde er niemals in ein Flugzeug steigen, doch seine Tochter Nele ist hochschwanger und hat ihn gebeten, zu ihr zu kommen und ihr beizustehen. Und leider lebt Nele in Berlin und Mats in Südamerika… Kaum ist er also an Bord, kommt zu seiner beginnenden Panik noch ein anderes, gewaltiges Problem hinzu. Er erhält einen Anruf, in dem ihn ein Erpresser auffordert, einen ehemaligen Patienten, der sich auch gerade in derselben Maschine befindet, dazu zu bringen, diese abstürzen zu lassen…

 

Bücher von Sebastian Fitzek haben auf mich bislang stets dieselbe Wirkung gehabt: Einmal angefangen, mochte ich sie nicht mehr aus der Hand legen. Dieses Buch macht da keine Ausnahme. Es ist sehr spannend geschrieben und die kurzen Kapitel fördern den Wunsch, noch eben ein weiteres zu lesen, und noch eins, und noch eins.

 

Erzählt wird aus wechselnden Perspektiven, mal verfolgt man Mats Erlebnisse in der Luft, mal die Geschehnisse in Berlin. Das Tempo ist durchgehend hoch und vor allem die psychischen Empfindungen und die Gedanken der Protagonisten werden sehr intensiv verfolgt. Stellenweise wird es auch ziemlich blutig, zu empfindlich sollte man als Leser nicht sein.

Für Schwangere würde ich das Buch ebenfalls nicht empfehlen, ich bin mir ziemlich sicher, dass ich es während meiner Schwangerschaften gar nicht gut vertragen hätte.

Leser mit Flugangst werden sich wahrscheinlich sehr verstanden fühlen. Die Ängste, die Mats ausstehen muss, werden überaus eindringlich und anschaulich beschrieben. Ich vermute, dass jemand mit Aviophobie anschließend erst recht kein Flugzeug mehr besteigen mag.

 

Davon abgesehen empfand ich die Thematik aber stellenweise als zu abgedreht. Natürlich weiß ich mittlerweile, dass sich in Fitzek-Büchern gerne mehr als ein Psychopath findet, ich erwarte regelrecht einen Streifzug durch menschliche Abgründe und psychische Probleme, aber hier hätte es für mein Empfinden ruhig etwas weniger sein können.

Zudem sind die hier vorkommenden Störungen und Motive teilweise so dermaßen ungewöhnlich, dass ich zwar staunte und mich gut unterhalten fühlte, sie aber letztlich als zu unrealistisch betrachtet habe. Und das ist das Problem: Alles war mir (zumindest halbwegs) realistisch erscheint, empfinde ich als sehr viel spannender, schließlich kann ich mir dann im Kopf ein Szenario zurechtbasteln, bei dem ich selber Teil der Handlung werde. Das gelang mir hier nicht. Und da meine Schwangerschaften schon über zwanzig Jahre zurückliegen und ich sehr gerne fliege, habe ich nicht so viel „Thrill“ empfunden wie bei anderen Büchern des Autors.

 

Fazit: Gut geschrieben und sehr unterhaltsam, aber thematisch für meinen Geschmack etwas zu abgedreht. Für Schwangere und Menschen mit Flugangst aber vermutlich der pure Horror.

 

»An so viele Risiken hatte er im Vorfeld gedacht. An die Möglichkeit, auf dem Rollfeld von einem landenden Flugzeug gerammt zu werden, beim Start in Flammen aufzugehen, von einem Terroristen entführt zu werden. An einen Sprengsatz im Gepäck.
Aber an die gemeingefährlichste Waffe, an die einzige Bombe, die wirklich jeder mit an Bord bringen und die von keinem Detektor dieser Welt gefunden werden konnte, an dieses perfekte Massenvernichtungsmittel hatte er nicht gedacht: an die menschliche Seele.«