Rezension

Sehr viel "Interpretations-Spielraum"

Lapvona -

Lapvona
von Ottessa Moshfegh

Bewertet mit 4 Sternen

Das Buch hatte mich zu Beginn total in seinen Bann gezogen, da es total anders ist, als alles was ich bisher gelesen habe.

Man hat das Gefühl, einem Schauspiel in einer längst vergangenen Zeit zuzusehen in der einige unerklärliche und groteske Dinge geschehen. Das Dorf Lapvona wird von Villiam regiert, der auf seinem Schloss in Saus und Braus lebt, während die Dorfbewohner für ihn arbeiten, Steuern zahlen und am Hungerstuch nagen. Einer der Dorfbewohner ist Jude, ein Schafshirte mit einem missgebildeten Sohn - beide leben im Grunde nur für die Tiere und sind sehr gottesfürchtig. Jude geißelt sich sogar selbst und Marek spürt eine gewisse Vorfreude auf die Strafe, wenn er etwas falsch gemacht hat, da er denkt, dass er somit dem Himmel wieder ein Stückchen näher gerückt ist.

Die blinde Amme Ina spielt auch eine große Rolle im Buch - sie ist zwischenzeitlich schon älter und hat ihr ganzes Leben so gut wie alle Kinder des Dorfes gestillt. Auch heute zieht es noch einige Dorfbewohner zum Nuckeln an ihrer Brust immer wieder zu ihr.

Marek erfährt im Buch die wohl größte Veränderung von allen Darstellern: Er wird durch einen Umstand zum neuen "Sohn" von Villiam ernannt und darf somit auch das ausschweifende Leben im Schloss kennenlernen. 

Das Buch liest sich sehr angenehm und schnell - jedoch ist die große Crux daran nicht die Story an sich zu verstehen, sondern die Parallelen zu unserer Gesellschaft, die jedoch viel Interpretations-Spielraum lassen. Daher ist das Buch schon eine ziemlich harte Nuss über die ich wohl noch einige Zeit nachdenken muss bzw. vielleicht auch einfach das Buch nocheinmal lesen muss, damit mir einige Dinger klarer werden.

Insgesamt fand ich es sehr faszinierend zu lesen, auf welche Gedanken man als Schriftstellerin kommen kann. Teilweise sind die Szenen so verstörend, grotesk und unglaublich, dass es sich so wie bei einem Unfall verhält: Eigentlich möchte man nicht hinsehen, aber auf der anderen Seite kann man auch den Blick nicht abwenden.

Das Ende hat mich etwas enttäuscht - es war nicht das, was ich erwartet hatte... Obwohl ich auch nicht wirklich sagen kann, was meine Erwartung war. Hier lässt die Autorin vieles offen und bietet erneut viele Gedanken, die es zu Ende zu denken gilt!