Rezension

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Sein oder Nicht-Sein

Die sanfte Gleichgültigkeit der Welt - Peter Stamm

Die sanfte Gleichgültigkeit der Welt
von Peter Stamm

Christoph hat ein sehr erfolgreiches Buch geschrieben über die Liebe zu seiner Freundin Magdalena, ihre Trennung und die Unmöglichkeit der Liebe. Eine Lesereise führt ihn in das Dorf seiner Kindheit, und dort hat er eine überraschende Begegnung: Im Hotelportier erkennt er sich selbst. Hat er einen Doppelgänger? Oder gibt es ihn tatsächlich zweimal, und seine jüngere Variante lebt sein Leben nach, zwar mit leichten Abweichungen, aber doch mit den gleichen Elementen? "Es ist, wie wenn ein Stück von verschiedenen Regisseuren inszeniert wird. Die Bilder sind andere, sogar der Text kann geändert oder gekürzt werden, aber die Handlung nimmt ihren unabwendbaren Lauf." (S. 81) Und es gibt nicht nur Christoph und den jungen Chris, auch seine alte Liebe Magdalena findet er in Chris` Geliebter Lena wieder. In einer langen Nacht erzählt er ihr auf einem Streifzug durch Stockholm seine Geschichte und die Verstörung durch die Verdoppelung und nimmt damit Einfluss auf Lenas Leben.

Viele Fragen tauchen auf: Kann Christoph durch Chris seinem Leben eine andere Wendung geben? Oder ist das Leben des Jüngeren vorherbestimmt? Gibt es vielleicht auch noch eine ältere Version von ihm oder wiederholt sich sogar alles endlos? Ist der Mensch überhaupt Gestalter seines Schicksals oder füllt er nur eine vorgegebene Rolle? Gibt es einen freien Willen oder ist alles vorgegeben? Kann man sich auf seine eigene  Erinnerungen verlassen oder sind auch sie gefärbt durch spätere Erfahrungen? Wenn man sein Leben noch einmal leben könnte: Was würde man ändern? Was macht ein erfülltes Leben aus?

Dieses Buch spielt mit Realität und Fiktion, lässt vieles offen und überlässt dem Leser die Auslegung. Dabei stößt Stamm existentielle Fragen auf und regt den Leser zum Nachdenken an. Seine Sprache ist klar und geschliffen; es ist ein Genuss, sie zu lesen.