Rezension

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Selbst bei einfachster Zeitreiselogik schleichen sich eklatante Fehler ein - enttäuschend

Smaragdgrün. Liebe geht durch alle Zeiten 03. - Kerstin Gier

Smaragdgrün. Liebe geht durch alle Zeiten 03.
von Kerstin Gier

Bewertet mit 2 Sternen

Eigentlich hatte ich gehofft, dass ich nach dem meiner Meinung nach eher schwachen Einstieg in die Trilogie in Form von "Rubinrot" und einer - wenn auch leichten - Steigerung in "Saphirblau" mit "Smaragdgrün" ein akzeptables, möglicherweise sogar gutes Finale erwarten könnte.

Die größte Schwäche in "Saphirblau" bestand für mich im fehlenden Fortschritt in der Handlung. Das ist in "Smaragdgrün" kein Problem mehr. Der Spannungsverlauf stimmt, die Geheimnisse werden gelüftet (auch wenn viele davon für den Leser schon lange vorherzusehen waren) und es gibt sogar noch die ein oder andere unvorgesehene Wendung - leider waren es gerade diese Wendungen (zusammen mit einem eklatanten Verstoß gegen die von der Autorin selbst entwickelten Zeitreiselogik), die den Roman als Abschluss zur Enttäuschung machten. Den Spoiler spare ich mir aber für das Ende der Rezension und werde ihn auch deutlich kennzeichnen, sodass niemand davon überrumpelt wird.

Zuerst einmal zur sprachlichen Leistung (und ich fürchte, da muss ich mal ein bisschen sarkastisch werden). Die Autorin schreibt immer noch in einer locker leichten, schnell und flüssig zu lesenden Sprache und offensichtlich ist auch ihr aufgefallen, dass der inflationäre Gebrauch der Lautsprache in Form von "Äh", den ich schon in "Saphirblau" unerträglich fand, in "Smaragdgrün" einen unzumutbaren Höhepunkt erreicht. Deswegen beginnt sie, diesen Laut im Verlauf des Romans zu variieren und tauscht ihn immer häufiger gegen "Ähm" oder "Ähem". Beeindruckend. Drei Synonyme für einen einzigen Begriff zur Verfügung zu haben...das zeugt doch wirklich von einem ausgeprägten Sprachschatz und unübertreffbarem literarischen Talent.

Der erfrischenste Charakter ist auch in "Smaragdgrün" für mich wieder der Wasserspeier-Dämon Xemerius. Der einzige, über dessen Albernheit ich hinweg sehen und über dessen bissige Kommentare ich lachen konnte. Gwendolyn ist noch immer eine von Eifersucht und Kleine-Mädchenproblemen beherrschte hohle Nuss, ihre Familie wird durch die Stereotypen auch immer langweiliger und überflüssig und vor allem die Klettenhaftigkeit wirkt anstrengend.

Die Liebesgeschichte zwischen Gideon und Gwendolyn bleibt vorerst auch das ewige Auf-und-Ab, dominiert von Missverständnissen, Oberflächlichkeiten und unsinnigen Zickereien auf Kleinkinderniveau. Immer noch keine Gefühle bei mir feststellbar.

Daher das vorläufige Fazit: Keine Steigerung, ganz im Gegenteil. Auch wenn die Handlung jetzt stimmt, werden nicht alle Handlungsstränge zufriedenstellend aufgelöst und vor allem ärgerte mich zum Schluss ein wirklich eklatanter Logikfehler, der zudem, da eine Nebenhandlung,völlig unnötig gewesen wäre.

Und jetzt:****SPOILER****SPOILER****SPOILER****SPOILER****SPOILER****SPOILER

Ich kann diese Rezension nicht abschließen, ohne zu äußern, worin das unbefriedigende Ende und der Logikfehler bestanden. Wer aber nichts davon lesen möchte, sollte jetzt definitiv aufhören und sich mit dem obrigen Fazit begnügen. Letzte WARNUNG!

Zum einen macht die Autorin die Handlung auf einmal sehr einfach: Gwendolyn ist unsterblich und kann auch nicht getötet werden (auch nicht, wie ich erst vermutete, nachdem der Blutkreis geschlossen wurde und der Chronograph den "Stein der Weisen" ausgespuckt hatte). Sie kann ihrer Unsterblichkeit nur durch Selbstmord ein Ende setzen. Dass der Graf den "Stein der Weisen" nicht für die Rettung der Welt sondern für seine eigene Unsterblichkeit wollte, konnte man sich ja schon lange zusammenreimen, allerdings sollte diese Unsterblichkeit dann nur bis zu Gwendolyns Geburt halten und dann erst durch ihren Tod wiederhergestellt werden. Wer die Vorgängerromane aufmerksam gelesen hat, hat sich längst zusammen gereimt, dass der Graf mit dem ersten Teil seines Vorhabens erfolgreich war und daher auch in der Gegenwart herumtigert (und mein Verdacht wer es ist, stellte sich als richtig heraus). Ein deutlicher Hinweis tauchte einmal auf, als gesagt wurde, dass der Graf seine Besucher nur noch emfangen möchte, wenn er selbst alt ist. Aber da liegt auch das Problem. Warum sollte er es noch geschafft haben, an den Stein der Weisen zu gelangen, wenn Gideon und Gwendolyn längst über ihn Bescheid wussten?

Gwendolyn und Gideon vervollständigen erst den Kreis des heimlichen Chronographen, den Lucy und Paul gestohlen, der aber in der Gegenwart natürlich versteckt war. Diesen "Stein der Weisen" nehmen sie an sich. Später, während sich Gwendolyn beim Grafen im Jahr 1782 befindet, vervollständigt Gideon mit Hilfe von Lucy und Paul ganz nach Plan des Grafen den Chronographen der Geheimloge, macht sich mit dem zweiten aber vorher selbst unsterblich und - und da kommt der Fehler - reist anscheinend trotzdem zum Grafen zurück, um ihm den anderen Stein der Weisen zu übergeben. Dazu gab es keinen Grund. Gwendolyn wäre automatisch nach einigen Stunden in ihre Zeit zurückgesprungen, der Graf konnte ihr nichts antun, auch wenn er es versuchte und das wichtigste: Gideon wusste das längst. Wäre er nie zurückgereist, um dem Grafen das Pulver zu übergeben, gäbe es den Grafen auch in der Gegenwart nicht und das Problem wäre erledigt. Kein anderer, außer den beiden Zeitreisenden, wäre in der Lage gewesen einzugreifen, auch wenn sie Gideon bei seiner Abreise überwachten. Was hätte ihn davon abhalten sollen, dem Grafen ein Fläschchen Salz zu geben? Der Rücksprung war sowohl für Gideon, als auch für Gwendolyn sicher, ihr Leben nicht in Gefahr.
Leider ist Gwendolyn in dieser Zeit vergiftet und der Leser bekommt daher auch keine Schilderung des Ablaufs dieser Übergabe. Sie bleibt unlogisch. Ebenso unlogisch ist es dann, dass Gideon unsterblich ist, während der Graf seit Gwendolyns Geburt um sein Leben bangt. Denn immerhin haben sie das gleiche Zeug geschluckt.

Der eklatanteste Logikfehler passiert aber in der Geschichte um den Schulgeist James. Gwendolyn rettet 1782 sein Leben durch eine Pockenimpfung. Nun funktioniert aber die Logik der Zeitreisen in diesem Roman, das Kontinuum, so, dass es nur einen einzigen Zeitstrang gibt und Dinge, die zukünftige Zeitreisende in der Vergangenheit anstellten, in der Gegenwart bereits geschehen sind. Soll vereinfacht heißen: Gwendolyn kann den Geist James nie kennengelernt haben, wenn sie ihn selbst durch eine Impfung bei einem Sprung in die Vergangenheit gerettet hätte. Er ist ja nie gestorben und damit auch niemals als 21-jähriger Geist durch die Schule gespukt - was wiederum hieße, Gwendolyn hätte nie einen Grund gehabt, ihn zu impfen, da sie ihn nie gekannt hätte. Ihr Impfversuch hätte also scheitern MÜSSEN!

Eine solche Logik in Zeitreisen ist anstrengend und schwer konsequent einzuhalten, da es quasi keine Änderungen geben kann und alles vorbestimmt sein muss. Auf ihr beruht aber der gesamte Roman und dies dann so eklatant und offensichtlich zu verletzen ist ein Armutszeugnis für die Autorin und auch für die Lektoren, die es durchgelassen haben. Schade, dass der Roman mit Fehlern endet.