Rezension

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Selbstfindung einer betrogenen Ehefrau

Sauer macht listig - Christine Ziegler

Sauer macht listig
von Christine Ziegler

Bewertet mit 3 Sternen

Elenors Welt bricht von einem Moment auf den nächsten vollkommen in sich zusammen: Nach vielen Ehejahren und drei gemeinsamen Kindern gesteht ihr ihr Mann Paul, eine Affäre mit einer jüngeren Frau zu haben. Für das Leben mit Paul hat Elenor damals ihr Studium abgebrochen, den Kontakt zu ihren Freunden verloren und sich völlig darin verloren, Paul zu Hause den Rücken zu stärken, damit dieser sich auf seine Firma konzentrieren kann. Anders als von ihr erwartet möchte sich Elenor nicht der Situation unterordnen sondern beschließt, sich von Paul zu trennen. Ein Weg der Selbstfindung von der hörigen Ehefrau hin zu einer selbstbestimmten Persönlichkeit beginnt, die mit einigen, humorvollen Wirrungen und neuen wie alten Freundschaften einhergeht.

„Sauer macht listig“ ist nicht nur vom Titel her ironisch-witzig, sondern auch beim Lesen musste ich einige Male schmunzeln. Das Buch ist voller Situations- und Sprachkomik (z.B. Kochbücher am Krankenbett) und geht teilweise fast ins Sarkastische über. Das hat mir sehr gut gefallen. Einige Stellen waren bewusst überzogen, was ich an manchen – nicht an allen – Stellen als passend und unterhaltsam empfand.

Die Geschichte selbst konnte mich indes leider eher weniger überzeigen. Zwar ist der Stil flüssig und bildhaft gehalten und wie bereits erwähnt sehr humorvoll, aber die Storyline ließ an einigen Stellen zu wünschen übrig. So werden Elenors Trennungsphasen teilweise sehr überzogen dargestellt, gerade die Zeit ihrer pilgernden Selbstfindung empfand ich als sehr langatmig, anstrengend und nervig. Die Szenen und Handlungsstränge wirkten teilweise nicht besonders gut aufeinander abgestimmt und manche wurden gar nicht erläutert bzw. zufriedenstellend aufgeklärt (z.B.  Jans Mühle). Elenors komischer Selbstfindungstrip mit Pilgerei, spiritueller Kirchenmeditation und esoterischer Vision fand ich höchst befremdlich, glücklicherweise hat sie sich danach aber dann doch noch in eine andere Richtung entwickelt – dieser Teil hat sich so sehr gezogen, dass ich beinahe abgebrochen hätte. Mit dem Schluss war ich ebenfalls nicht glücklich, da mir dieser zu perfekt, zu kitschig und somit komplett unglaubwürdig war. Insgesamt erscheint das Hörbuch ist wie eine Art Ratgeber, es wurden viele Binsenweisheiten und Kalendersprüche verarbeitet. Unterschiedliche Abschnitte fokussieren verschiedene Lebens- und Denkphasen Elenors, was leider etwas konstruiert und wenig aufeinander abgestimmt erscheint.

Ich-Erzählerin Elenor als Protagonistin stehe ich ebenfalls etwas zwiegespalten gegenüber. Einerseits bewundere ich sie für ihre taffen Aktionen gegenüber ihrem Mann und dem selbstbewussten Auftreten, dass sie an manchen Stellen an den Tag legt. Demgegenüber steht ihre Unsicherheit und Naivität hinsichtlich ihres eigenen Wertes und ihrer Kompetenzen. Ihre verschiedenen Charakterzüge konnte ich schwer auf eine einzige Person konzentrieren. Teilweise ist sie übermotiviert, dann wieder komplett passiv; rational denkend und impulsiv-esoterisch; unsicher und mutig; unabhängig und hilfebedürftig; immer im Wechsel. Eine richtige Achterbahn der Gefühle, die mir zu wild durcheinander gingen. Ihre WG hingegen ist mir ans Herz gewachsen, hier wurden sympathische, facettenreiche Nebenfiguren geschaffen. Auch ihre ehemaligen Studienkollegen wurden als sympathische Charaktere dargestellt.

Fazit: Trotz inhaltlicher Schwächen hat mich das Hörbuch aufgrund seines Humors und der liebevoll ausgearbeiteten Nebenfiguren gut unterhalten.