Rezension

Selbstfindungsreise eines amerikanischen Millionärs

Willkommen in Lake Success
von Gary Shteyngart

Bewertet mit 3 Sternen

Gary Shteyngart versucht mit seinem Buch "Willkomen in Lake Success" ein Sittenbild der amerikanischen Gesellschaft kurz vor der Wahl Trumps zu zeichnen und begibt sich dafür in die Welt der Superreichen. Sein Protagonist Barry Cohen ist ein millionenschwerer Hedgefondmanager, dem das FBI wegen Insiderhandel und betrügerischer Leerverkäufe im Nacken sitzt. Überhaupt läuft sein Leben schon zu Beginn des Buches mächtig aus den Fugen, so dass er sich zur Läuterung und Selbstfindung einen Roadtrip im Greyhoundbus durch Amerika auferlegt, um einerseits mit den wahren Amerikanern, von denen er sich in seinem Geldtempel soweit entfernt hat, zu begeben und andererseits seine Jugenliebe Layla wiederzufinden, um mit ihr ein neues Leben zu beginnen. Seine Statussymbole, die wertvolle Uhrensammlung hat er kurioserweise auf dieser Reise dabei. Sie scheinen auch das Einzige zu sein, wofür sein Herz wirklich schlägt. Seine Frau und seinen autistischen Sohn verleugnet er auf der Reise schnell, bei den Menschen die er unterwegs trifft, spielt er sich immer wieder gerne und selbstherrlich als Mentor auf.

Wie Nadelstiche fließen immer wieder kritische Äußerungen über die amerikanische Gesellschaft in den Roman ein. " Barry hasste Waffengewalt, hatte aber das Gefühl, sie gehörte zum Leben in den USA. In Japan gab es Erdbeben, in Australien Buschfeuer, Amerika hatte Schusswaffen und Menschen, die willens waren, sie aufeinander abzufeuern." "Wieder einmal spürte Barry eine allgemeine Langeweile um ihn herum, die Langeweile eines kriegerischen Landes, das keinen richtigen Krieg zur Hand hatte."

Auch die verlassene Ehefrau Seema kann sich zunächst nicht zu ihrem autistischen Sohn bekennen, macht aber im weiteren Verlauf des Romans eine Wandlung durch und kann sich auch von den Erziehungsvorgaben ihrer Mutter, die eine Liste führt, welche Ehemänner nach welchen Kriterien für ihre Tochter geeignet sind, lösen. Ihr Verhalten hat bei mir auch einiges Kopfschütteln verursacht und sie ist bestimmt auch kein sympathischer Charakter aber sie entwickelt sich weiter, was man von Barry nicht behaupten kann. er stürzt sich von einer skurielen Situation in die Nächste und lernt Nichts. Die Figuren sind sehr überzeichnet, Sympathieträger findet man eher bei den Nebendarstellern.

Mein Fazit zu dem Buch ist durchwachsen. Ich mochte den Schreibstil Shteyngarts sehr, empfand das Buch aber irgendwie sehr konstruiert. Ekelszenen, die es auch gab, hätte er auch gerne weglassen können. Vieles von dem was der Autor beschreibt passt in mein Amerikabild und gleicht sich ab mit eigenen Reiseerfahrungen. Übertreibung ist ja ein Stilmittel, von dem der Shteyngart allerdings reichlich Gebrauch gemacht hat.