Rezension

Selten eine so gelungene Geschichte gelesen, großartig.

Das Tal der Blumen -

Das Tal der Blumen
von Niviaq Korneliussen

Bewertet mit 5 Sternen

Sobald dicker Nebel über Akia auf der anderen Seite des Fjords aufgezogen ist, dauert es nur noch ein paar Stunden bis er Nuuk erreicht hat und dann scheint die Sonne in der Nacht einmal nicht.

Am Abend vor ihrer Abreise nach Dänemark, enttäuscht sie problemlos ihre Anaana, um bei Maliina zu Abend zu essen. Maliina wird Rentier zubereiten, das sie selbst erlegt hat. 

Obwohl Maliina sie mit ihren freundlichen Augen ansieht ist sie nervös, redet viel und stellt zu viele Fragen. Ob sie ein Teil Maliinas‘ Leben sein darf, ob Maliina in zehn Jahren immer noch lesbisch sein wird. Als sie neben ihr liegt sind die Worte Liebe und Hoffnung in ihr gefangen, sie kann sie nicht rauslassen. 

But in the end a person needs more courage to live than to kill herself, schreibt Maliina in ihre Insta-Story, als ein fünfzehn jähriges Mädchen Selbstmord begangen hat. S.67

In Dänemark hat sie sich für das Studium der Anthropologie eingeschrieben. Sie musste weg aus Grönland, weg von ihrer Anaana, die auf ihr gluckt, aber keine Liebe zeigt, weg von ihrem Ataata, der nur vor sich hinbrummt und weg vor der Trauer, weil ihre Aanaa gestorben ist. 

In Dänemark fühlt sie sich anders, mit ihrer schmutzig braunen Haut und ihren dunklen Schlitzaugen. Sie versteht den spöttischen Ton ihrer Kommiliton*innen nicht. Sie macht die Leute nervös, weil sie direkt und burschikos ist.

Fazit: Ich bin hin und weg von dieser großartigen Geschichte, die völlig zurecht ausgezeichnet wurde. Die Landschaftsbeschreibungen sind grandios. Die Thematik, dass etliche junge Menschen sich umbringen, weil sie depressiv sind und das Gesundheitssystem keine adäquate Hilfe anbietet schmerzt. Ganz Grönland scheint traumatisiert zu sein und diese Traumen an die nächsten Generationen weiterzugeben. Die Protagonistin, deren Einsamkeit und Entwurzelung, sie in die totale Verzweiflung führt, ist so gut gezeigt. Und obwohl das Buch weh tut, hat es auch komische Momente. Die Autorin spielt phantasievoll mit Symbolen, die die düstere, aussichtslose Atmosphäre betonen. Schwarze Raben, die die Protagonistin begleiten. Räudige Hunde, die einen Friedhof bewachen und Plastikblumen, die Gräber schmücken. Diese Geschichte ist so anders, dass ich ihr Unmengen Leser*innen wünsche, die ihren Horizont erweitern wollen.