Rezension

Selten so ein Fundstück

Was man von hier aus sehen kann - Mariana Leky

Was man von hier aus sehen kann
von Mariana Leky

Es gibt selten Bücher, die mich so berühren, wie es „Was man von hier aus sehen kann“ getan hat. Dabei kann ich gar nicht detailliert erläutern, was genau dieses Buch für mich so besonders gemacht hat. Vielleicht war es der Schreibstil, der es dem Leser ermöglicht, ganz in die Welt einzutauchen, vielleicht die philosophischen Einschübe, bei denen man über das Leben nebenher nachdenkt.

Auf besonders liebevolle Weise werden die einzelnen Charaktere beschrieben, so dass ich als Leser die Gefühlswelt der Hauptperson Luise gut nachvollziehen kann und die Wandlungen quasi live miterlebe. Die wenigen Einwohner des kleinen Dörfchens lernt man auch schnell kennen und hat bald das Gefühl, all die Geschichten und Gerüchte des Dorfes gehört zu haben, ist aber dennoch über Wandlungen oder Handlungen der Charaktere überrascht. Schließlich passiert einiges in dem Dorf, angefangen mit den Träumen von Selma, die, sobald sie ein Okapi beinhalten, den Tod eines Dorfbewohners vorhersagen.

Besonders bemerkenswert fand ich die Art, wie die Autorin Rückblenden und Vorausdeutungen benutzt, die einfach mal in Nebensätzen besonders malerisch eingebaut sind. Es handelt sich hier zwar um kein rein religiöses Buch, aber durch das Auftauchen des Buddhisten Frederick und das Bibel-zitieren des Dorfbewohners Palm ist eine Tendenz da, philosophische Fragestellungen zu hören. Auch psychoanalytische Thesen und Aberglaube werden durch zwei weitere Figuren aufgegriffen. Jedoch werden diese dem Leser nicht aufgezwungen und nicht als „Weisheiten“ dargestellt, denn die Figuren des Buches versuchen selbst, aus diesen Zitaten ihre Wirklichkeit zu formen und die Aussagen für sich zu interpretieren und zu verstehen. Vielleicht ist auch dies ein Grund,  warum es mir so gefallen hat, denn letztendlich machen wir alle das doch im Leben: Nach einem Sinn zu suchen und herauszufinden, nach welchen Werten man leben will. Als ich im Nachhinein über das Buch nachgedacht habe, ist mir aufgefallen, dass jeder Charakter eine eigene „Denkrichtung“ entwickelt hat, lediglich Luise muss sich darin noch orientieren und ihr eigenes Glück suchen.

All diese Dinge zusammen und eine spannende Handlung (auch wenn es hier ein anderes „spannend“ ist, als man es im Zusammenhang mit Krimis oder Thrillern benutzen würde, aber dennoch finde ich es hier angebracht) sorgen dafür, dass es ein Buch ist, das ich nicht weglegen wollte und das mich irgendwie tief berührt hat.