Rezension

Seltsame Faszination

So reich wie der König -

So reich wie der König
von Abigail Assor

Bewertet mit 4 Sternen

Sarah wächst in Armut auf, Driss mit mehr Geld, als er je ausgeben könnte. Was sie gemeinsam haben ist die Suche nach etwas, die Suche nach einem Weg hinaus aus dem für sie bestimmten Leben. Während um die beiden herum der Kontrast von Arm und Reich im Casablanca der 90er Jahre mit jeder Seite spürbarer wird, versucht Sarah ihr bestes, um Driss zu verführen; denn nur mit seiner Hilfe glaubt sie der Welt der Armen, zu denen sie auf keinen Fall gehören möchte, entkommen zu können. Driss, der zwar Geld, dafür aber weder Selbstvertrauen noch den Mut hat, gegen die Erwartungen an ihn aufzubegehren, findet in ihr sein Ticket in eine ihm ganz fremde, verbotene Welt.

Gleich auf den ersten paar Seiten hat mich irgendetwas an dem Roman merkwürig fasziniert. Was genau das war, kann ich jedoch auch jetzt noch nicht benennen. Sarah, die Driss und auch die anderen reichen Jungs mithilfe ihrer Schönheit verführt und ausnutzt, indem sie sich von ihnen Drinks und Kleidung spendieren lässt, hätte mir mit ihrer Art eigentlich unsympathisch sein müssen - das war sie aber nicht. Ich habe beim Lesen einen Sog verspürt, dessen Ursache ich nicht ganz ausmachen kann. Lange blieb mir Vieles zu vage, lange habe ich die Beziehung der beiden Hauptfiguren nicht verstanden. Erst ca. im letzten Drittel konnte ich mich dann vollständig auf die Geschichte einlassen und fand es dann auch richtig gut. Seltsam, dass ein Buch von Anfang an so sehr faszinieren kann, dass man es kaum weglegen möchte, und dass man die Ursache dafür trotzdem so wenig ausmachen kann. Das hatte ich in diese Intensität, glaube ich, noch nie.
Was mir sehr gut gefallen hat ist die Darstellung der Diskrepanz zwischen den Welten derer, die kaum genug zum Leben haben, und derer, die ihr Geld förmlich aus dem Fenster schmeißen oder verbrennen könnten, ohne dass es ihnen wehtäte. Beides prallt hier im Casablanca der 90er aufeinander und zeichnet ein authentisches, mitreißendes Bild dieser Stadt. Ein Roman, der mir nachdenklich zurücklässt.