Rezension

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Marthas Widerstand - Kerry Drewery

Marthas Widerstand
von Kerry Drewery

ACHTUNG: Rezension kann Spoiler enthalten!

 

Der Inhalt...

7 Tage bis Martha möglicherweise zum Tode verurteilt wird. 7 Tage bis das Volk gemeinsam darüber abstimmt, ob sie leben oder sterben soll. Marthas Chancen werden von Tag zu Tag geringer, denn die Umfragen zeigen deutlich, dass der Großteil der Bevölkerung sie sterben sehen will. Doch was, wenn das genau Marthas Plan ist?

Meine Meinung...

Anfangs war ich noch vollends begeistert. Die Grundidee war grandios! Es zeigte genau den Knackpunkt unserer Gesellschaft: Egoismus, Manipulation, Mediengeilheit, Voyeurismus und nur auf sein eigenes Wohl bedacht zu sein. Wir ergötzen uns am Leid anderer Leute; schauen im Fernsehen zu wie sie sich quälen und freuen uns auch noch darüber. Hier in dem Buch ist das alles noch drastischer dargestellt: mögliche Mörder oder Vergewaltiger kommen direkt nach der Tat in den Todestrakt. Die Bevölkerung bestimmt über ihr Schicksal, über Tod auf dem elektrischen Stuhl oder Freispruch – zumindest wenn man das nötige Kleingeld hat. Das Ganze wird in einer großen TV-Show ausgeschlachtet und die Mörder genaustens unter die Lupe genommen. Beweise suchen? Fehlanzeige. Demokratie sieht jedenfalls anders aus. Den dystopischen Flair (obwohl... Dystopie? Sind wir wirklich so weit davon entfernt?) fand ich ganz große klasse – und das wichtigste: authentisch! „Was?!“, werden jetzt die Ersten rufen, „das wird es noch niemals bei uns geben!“. Wer's glaubt wird selig... (Wenn ein gelbhaariger paranoider und selbstverliebter alter Sack Präsident werden konnte, liegt auch dieses Rechtssystem hier nicht in allzu großer Ferne... Merkt euch meine Worte...)

Auch die Grundkonstellation - Leute aus den Kratzern gegen die Leute von „Oben“ - fand ich gut gewählt. Wie gesagt: Den Anfang fand ich fesselnd und absolut mitreißend. Doch mit dem Fortlauf der Geschichte häuften sich leider auch Logikfehler und Unstimmigkeiten. Außerdem verlor sich der Fokus ab Mitte der Geschichte. Das Augenmerk lag viel zu sehr auf Martha und ihre Beziehung zum (vorerst) mysteriösen jungen Mann mit der Kapuze. Zumal ich ihre Beziehung als mehr als unnötig und lieblos empfand. Warum zum Teufel kann es kein Jugendbuch mehr geben, ohne dass zwei hormongesteuerte Teenies die Welt retten wollen? Eigentlich hätte nur noch ein andere Verehrer gefehlt und schon wäre das Dreiecksgeflecht perfekt gewesen... Die Charaktere fand ich allesamt wirklich gut gezeichnet und realitätsnah. Und bis auf Marthas Freund, konnte ich auch zu allen eine Art Beziehung aufbauen; bei ihm hab ich mich allerdings vermehrt gefragt was er tat um Martha zu helfen – nichts ist wohl die Antwort darauf. Gehörte das alles zu einem größeren Plan? Würde es sich alles aufklären? Jein würde ich sagen. Damit kommen wir schon zu meinem nächsten Kritikpunkt: Das Ende. Ich war sehr zwiegespalten als ich das Buch zugeklappt habe. Einerseits waren die letzten Kapitel an Spannung kaum zu überbieten, andererseits bot das Ende kaum Überraschungen, wirkte sogar leicht überzogen und unglaubwürdig. Ich habe das Buch in einer Leserunde gelesen und muss sagen, dass wir mit unseren Spekulationen meistens recht hatten. Und bei einem Buch solchen Genres finde ich es besonders enttäuschend wenn das Ende nichts Besseres zu bieten hat als ein „Ich hab es doch gewusst!“. Ich bin der Meinung, dass hier viel Potenzial auf der Strecke geblieben ist. Die Grundidee hätte besser ausgefeilt sein müssen. Ich hätte gerne mehr Hintergrundinformationen gehabt und mehr über das System erfahren wollen; seit wann es existiert, wieso weshalb warum und vor allem die Frage, wer dahinter steckt. Als Leser wird man leider mit einem wenig überraschenden und überdramatischen offenen Ende unbefriedigt zurückgelassen.

Das Fazit...

Es ging grandios an, nahm stetig ab um am Ende in einen unglaubwürdigen Showdown überzugehen. Schade, die Geschichte hatte großes Potenzial was nicht ganz genutzt wurde. Aber die Grundidee ist spitze! 3,5 Sterne von mir.