Rezension

Setzt zu viel auf eine Karte

Ende in Sicht -

Ende in Sicht
von Ronja von Rönne

Bewertet mit 3 Sternen

Die Autorin setzt alles auf eine Karte: Verrücktheit. Ihre Geschichte wird so unterhaltsam, aber leider auch unglaubhaft, unnahbar und unlogisch.

Den Tod vor Augen beginnt ein letzter Roadtrip unwahrscheinlicher Reisegefährten – dieses Ausgangszenario scheint auf Autoren und Leser einen ziemlichen Reiz auszuüben. Warum sonst gibt es unzählige solcher Geschichten? Auch „Ende in Sicht“ ist eine davon.

Juli will von einer Brücke springen. Hella ist auf den Weg in eine Sterbeklinik in der Schweiz. Juli schlägt vor Hellas Wagen auf der Straße auf und überlebt. Hella sammelt sie auf. Und so beginnt die unwahrscheinliche Reise zweier Lebensmüder.

Ähnlich wie alle Geschichten dieser Art zeichnet sich die Handlung durch eine Reihe absurder Situationen aus. Wahrscheinlich ist es dieses „Mir ist alles egal“-Gefühl und die „Ich werde sowieso bald tot sein“-Attitüde der Protagonisten, die solche absurden, wahnwitzigen oder mutigen Szenen möglich machen und uns Leser faszinieren.

Es ist auch ein Merkmal dieser Geschichten zwischen lustigen Verrücktheiten und tiefen Emotionen zu schwanken. Die Nähe zum Tod lässt die Protagonisten sentimental, tiefsinnig und altklug werden. Ebenso wie er sie enthemmt. Die Leser bekommen so in der Regel eine Achterbahnfahrt der Gefühle geboten – vielleicht macht auch das den Reiz solcher Geschichten aus.

Leider schlägt mir dieses Buch etwas zu sehr ins Absurde und Melodramatische aus. Es sind durchaus kluge Gedanken, ruhige Passagen und feinfühlige Momente in dieser Erzählung zu finden, doch sie gehen unter in einer Flut an merkwürdigen, lauten, dramatischen Szenen. Es scheint so, als habe die Autorin sich viele unterhaltsame Szenen ausgedacht und möchte dieses nun in die Handlung zwingen. Dabei nimmt sie keine Rücksicht auf Logik, Gefühle und einen kontinuierlichen Spannungsaufbau.

Das ist ein Fehler, meiner Meinung nach. Die Autorin setzt alles auf eine Karte: Verrücktheit. Auch bei den Protagonistinnen ist das spürbar. Sie ecken beide an und rücken ihre schlechten Seiten stärker ins Licht als ihre guten. Damit erschweren sie es mir eine Verbindung herzustellen und machen es der Autorin gleichzeitig leicht ausgeflippte und dramatische Szenen zu schreiben. Ich finde sie setzt auf die falsche Karte. Sie hat sich zu sehr von der Faszination solcher Roadtrip-Geschichten in den Tod mitreißen lassen. Sie hat sich zu stark von anderen Erzählungen dieser Art inspirieren lassen. Ihre Geschichte wird so unglaubhaft, unnahbar und unlogisch.

Dabei schreibt die Autorin sehr gut. Das Buch hat sich angenehm und schnell lesen lassen. Und sie hat gute Ideen. Nur das, was sie aus der Geschichte macht, konnte mich nicht vollständig überzeugen. Das Buch ist nett, aber wenn ich nach einer Erzählung  suche, die den Tod vor Augen von einem Roadtrip unwahrscheinlicher Reisegefährten erzählt, würde ich wahrscheinlich eher zu einer anderen Geschichte greifen.