Rezension

Sich öffnende Herzen

Alte Sorten - Ewald Arenz

Alte Sorten
von Ewald Arenz

Bewertet mit 5 Sternen

Als ich das Buch „Alte Sorten“ von Ewald Arenz gelesen habe, musste ich unweigerlich an Muscheln denken. Sind sie geschlossen, so weiß man, dass sie leben. Nur ab und an öffnen sie sich langsam, um sich bald wieder zu verschließen. 
So wirken auf mich auch Sally und Liss, die Hauptfiguren des Romans. Beide haben in ihrem Leben Verletzungen erfahren, obwohl sie in ganz unterschiedlichem Alter sind. Sally ist 17, dabei ihr Abitur zu machen, Liss ist an die 50, hält einen Bauernhof am Leben. 
Beide haben sich nach ihren negativen Erfahrungen zurückgezogen, die Einsamkeit gesucht. Sich verschlossen. Und nun haut Sally aus der Klinik, in die sie ihre Eltern gesteckt haben ab, und trifft auf Liss, die sie ohne viel zu fragen aufnimmt. Die beiden reden zunächst kaum miteinander, Sally hilft ihr bei der Arbeit, lernt ihre Grenzen kennen, lernt Neues kennen.
Beide Frauen nehmen sich bedingungslos an, als sie aufeinandertreffen, ohne Vorurteile. Ewald Arenz gelingt es ganz meisterhaft zu beschreiben, wie nach und nach aus diesem ersten Sich-Verstehen eine Freundschaft wächst. 
Zudem hat er ein Gespür für die Landschaft. Sie ist nicht idyllisch, sie ist rau und karg. Es ist harte Arbeit, die in der Natur, auf den Feldern, beim Beschneiden der Obstbäume verlangt wird. So wird die Natur der Ort der Selbstbehauptung und auch der Ort an dem die Heilung alter Wunden möglich scheint. 
„Alte Sorten“ gehört zu den Büchern, die man mit Gewinn mehrmals lesen kann.